Washington . 17 Konservative bewerben sich um die US-Präsidentschaftskandidatur. So viele wie noch nie zuvor

Alle Kandidaten auf einer Fernsehbühne. Schnelle Fragen quer durch den Themen-Garten, noch schnellere Antworten. Und nach zwei Stunden heißt es: Schatz, wie war ich? Das Format, mit dem die Republikaner in Amerika morgen den Medien-Wahlkampf im Rennen um das Weiße Haus eröffnen, kommt niemandem gelegener als Donald Trump. Im Nebenberuf hat der in Umfragen mit Abstand führende Bau-Unternehmer aus New York zuletzt selbst eine dubiose Casting-Show („Der Lehrling“) geleitet.

Seinen Markenspruch („Du bist gefeuert!“) würde die innerlich zerrissene Partei der Konservativen insgeheim am liebsten gegen den 69-jährigen Milliardär in Stellung bringen. Seit Trump mit radikalen Wortbeiträgen zu illegalen Einwanderern („Vergewaltiger, Verbrecher“), holzschnittartigen Parolen zur Weltlage („Ich würde den ,Islamischen Staat‘ zur Hölle bomben“) und allerlei Beleidigungen gegen die politische Klasse Washingtons („Marionetten, Nichtskönner“) die Aufmerksamkeit der Medien absorbiert, stehen die übrigen 16 Aspiranten weitgehend im Schatten. Darunter auch Präsidenten-Sohn Jeb Bush, dem nicht zuletzt wegen seiner mit 120 Millionen Dollar gefüllten Wahlkampfs-Kriegskasse nennenswerte Chancen attestiert werden.

Bushs stille Hoffnung und die der anderen geht so: Trump, unberechenbar und impulsiv, möge ruhig weiter den Bogen überspannen und vor einem Millionenpublikum dokumentieren, dass er nicht mehr kann als rhetorische Wirtshausschlägerei. Eine Einschätzung, die nicht aus heiterem Himmel kommt. 33 Prozent der republikanischen Wählerschaft finden den stur gegen Washington randalierenden Promi mit deutschen Wurzeln erfrischend. Aber sie würden ihm nie den Schlüssel zum Weißen Haus anvertrauen.

Dass Trump in der von dem zu Populismus neigenden Sender Fox News gesteuerten Debatte „als nicht präsidial genug entzaubert wird“, schreiben US-Kommentatoren, ist aber nicht ausgemacht. Zum einen schenkt 16 Monate vor der Wahl nur ein geringer Anteil der Wahlberechtigten dem Schaulaufen Beachtung. Amerikaner wüssten, dass vor dem „Super-Tuesday“ am 1. März 2016, wenn in einem Dutzend Bundesstaaten Vorwahlen abgehalten werden, „keine Prognose darüber möglich ist, wer bei der republikanischen Krönungsmesse Mitte Juli die meisten Delegierten und damit die Nominierung bekommen wird“.

Zum anderen sei nicht völlig auszuschließen, dass „The Donald“ sich herunterdimmt, seine Worthülsen mit Inhalt füllt und konzeptionelles Denken erkennen lässt. Dann, so das „Wall Street Journal“, könnte sich sein Vorsprung sogar noch vergrößern. Berater von Jeb Bush, der in Meinungsumfragen blass im Mittelfeld dümpelt, raten dazu, Trump nicht in die Ecke zu stellen. „Das würde ihn nur aufwerten. Und er ist schließlich nicht der einzige, dessen Ambition auf die Präsidentschafts-Kandidatur fragwürdig erscheint.“

Dahinter steckt die Frage, warum das Gedrängel im republikanischen Lager diesmal alle Dimensionen sprengt. 1988 testeten sechs Konservative parteiintern das Wasser. Zwischen 1996 und 2012 pendelte sich die Zahl der Bewerber um die zehn ein. 17 ist ein neuer Rekord, der es Medien wie Publikum fast unmöglich macht, abzuwägen und den Überblick zu behalten.

Matt Dickinson, Professor für Politik am Middlebury College, hat das Feld durchgepflügt. Seine Analyse: „Nicht alle tun es, um zu gewinnen.“ Begünstigt wird das ausgeuferte Teilnehmerfeld seiner Meinung nach durch eine gelockerte Gesetzgebung bei der Wahlkampf-Finanzierung. Reiche Spender können fast unbegrenzt Geld in einen Kandidaten pumpen. Wer nur einen Milliardär an der Angel hat, könne leicht bis ins nächste Frühjahr im Wahlkampf-Zirkus überwintern; auch wenn er im Prinzip chancenlos ist.

Dazu komme eine ideologisch verbiesterte Medienlandschaft, die mit gut dotierten Trostpflastern lockt. In diese auf Marktwertsteigerung abzielende Kategorie gehöre Mick Huckabee. Obwohl schon im Rennen 2008 erfolglos, durfte der ehemalige Gouverneur von Arkansas sein Weltbild später auf Fox News zu Geld machen. Anderen, etwa dem ehemaligen Neurochirurgen Ben Carson und der als Managerin bei Hewlett-Packard gescheiterten Carly Fiorina, winken Buchverträge und lukrative Einladungen im Redner-Gewerbe. Dagegen stehen der bereits 2012 gescheiterte Rick Santorum und Rick Perry nur im Verdacht, ihre Existenz als grüne Punkte auf dem republikanischen Radar sichern zu wollen.

Beim politischen Speeddating bei Fox will das Publikum Trump sehen

In einer anderen Liga spielen die „jungen Hunde“, die sich erinnern, welch unbeschriebenes Blatt Barack Obama war, bevor er sich 2007 auf den Weg ins Weiße Haus machte. Kann ich auch – sagen Ted Cruz, 44, Marco Rubio, 44, und Rand Paul, 52. Die drei mit missionarischem Eifer ausgestatteten Senatoren werden morgen im Fernsehen mit Scott Walker, 47, rangeln. Der Gouverneur von Wisconsin, der sich seiner proletarischen Blaumann-Nähe rühmt, trifft mit seiner einfachen Sprache ebenso den Ton vieler Wähler wie sein Pendant aus Ohio, Gouverneur John Kasich. Beim politischen Speeddating bei Fox werden sie alle letztlich aber nur die zweite Geige spielen. Das Publikum will Trump sehen. Und dabei sein, wenn er sich womöglich selber feuert. Ab 21 Uhr ist Showtime.