Berlin. Wo in Deutschland Unterkünfte errichtet werden: von der Autobahnmeisterei über das Erotikhotel bis zu Zeltstädten

Tausende Menschen fliehen nach Deutschland, um Krieg und Armut zu entgehen. Länder und Kommunen setzen vieles in Bewegung, um den Arbeitsaufwand zu bewältigen. So sollen pensionierte Beamte in NRW helfen, den Bürokratiestau in der Flüchtlingsaufnahme aufzulösen. Vor allem Unterkünfte müssen die Behörden für die Flüchtlinge finden – und funktionieren Immobilien, Zelte und andere ungewöhnliche Behausungen um. Nicht nur in Hamburg.

Autobahnmeisterei: Zelte für rund 200 Menschen wurden im baden-württembergischen Neuenstadt auf dem Gelände einer früheren Autobahnmeisterei aufgestellt. Im Südwesten sind auch mehrere Hundert Flüchtlinge in der Landesfeuerwehrschule in Bruchsal untergebracht.

Berg: Deutschlands höchstgelegene Flüchtlingsunterkunft befindet sich im Alpenvorland auf dem 1071 Meter hohen Auerberg. Das Panorama reicht an schönen Tagen von den Schweizer Alpen bis nach Tirol – doch bis zur nächsten Ortschaft ist es eine Dreiviertelstunde Fußmarsch.

Container: Seit Frühjahr baut Berlin auf eigenen Grundstücken sechs Wohncontainerdörfer mit insgesamt 2200 Plätzen auf. Drei davon sind schon bezogen. Auch in Bochum ist ein Containerdorf auf einer Friedhofswiese geplant, die allerdings als Bauland ausgewiesen ist.

Dienstwohnung: In Hannover hat der evangelische Landesbischof Ralf Meister einen Teil seiner Dienstwohnung für zwei Flüchtlinge abgetreten. Das katholische Bistum Osnabrück lässt zwei pakistanische Asylbewerber in seinem Priesterseminar wohnen.

Eissporthalle: Noch bis September wird in Bremen die Eissporthalle „Paradice“ zur Unterbringung jugendlicher Asylbewerber genutzt, mit bis zu 80 Plätzen. Die Hansestadt funktionierte auch einen ehemaligen Supermarkt und einen Teil der Messehallen um. In Paderborn werden 200 Flüchtlinge ebenfalls in einer Eissporthalle untergebracht. Im September könnte Schluss sein. Dann kommt das Eis.

Erotikhotel: Die Stadt Ronnenberg bei Hannover will ein nicht mehr benutztes Erotikhotel als Flüchtlingsunterkunft für 25 Menschen nutzen.

Jugendherberge: Immer mehr Jugendherbergen in Deutschland öffnen ihre Türen für Flüchtlinge. In Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen haben die Herbergswerke etwa vereinbart, in der kälteren Jahreszeit mindestens acht Häuser als Flüchtlingsunterkunft zu nutzen, wie Knut Dinter, Sprecher des Deutschen Jugendherbergs-werks, berichtet. 1000 Menschen wer- den dort untergebracht.

Kaserne: Filmstar Til Schweiger, 51, will sich persönlich in der Hilfe für Flüchtlinge engagieren und in Niedersachsen eine vorbildliche Unterkunft bauen. „Ich werde mit Freunden zusammen ein Flüchtlingsheim aufbauen“, sagte der Schauspieler und Regisseur der „Bild am Sonntag“. 2014 haben die Freunde demnach die Rommel-Kaserne in Osterode am Harz gekauft.

Konzerthalle: Erfurt überlegt, die Thüringenhalle als Notunterkunft für Flüchtlinge zu nutzen. In der Konzerthalle könnten sie so lange untergebracht werden, bis andere Unterkünfte gefunden sind. Und die werden in der Landeshauptstadt spätestens im September knapp. Deshalb sollen in den nächsten Wochen Container aufgestellt werden. Zelte als Notlösung schlossen mehrere Städte in Thüringen aus.

Braunkohlerevier: In Manheim im rheinischen Braunkohlerevier sind 70 Flüchtlinge in leeren Häusern untergebracht. Die Einwohner ziehen weg, weil das Dorf in Nordrhein-Westfalen dem Tagebau in den kommenden Jahren weichen muss.

Mietwohnungen: In Mecklenburg-Vorpommern wird es in den gut 20 Sammelunterkünften sehr eng. In manchen Orten wurden Wohnungen angemietet. Dort musste man bislang aber weder Zelte errichten noch Turnhallen mit Betten vollstellen. Nach Mecklenburg-Vorpommern kommen nur zwei Prozent aller Asylbewerber.

Rathaus: In Reinbek bei Hamburg wurde im Rathaus eine Wohnung für Flüchtlinge eingerichtet. Im münsterländischen Coesfeld wohnen Flüchtlinge in Büros der Bezirksregierung..

Schiff: In Hamburg wohnen Flüchtlinge seit fünf Monaten auf dem Wohnschiff „Transit“. Dort sind 216 Menschen untergebracht. Aber während woanders in der Stadt aus blanker Not Zeltstädte entstehen, bleiben auf der „Transit“ meist einige Plätze frei. Die Treppen sind steil, die Feuerschutztüren zu schwer für Kinder, und es herrscht absolutes Rauchverbot. Zudem will mancher, der unter Lebensgefahr mit einem Boot übers Mittelmeer gekommen ist, nicht auf einem Schiff leben. In Mainz wurde die Idee eines Schiffs aus diesem Grund verworfen.

Sporthalle: Zurzeit dient eine Sporthalle in Neumünster für 350 Asylbewerber als Notunterkunft. Auch in Oldenburg wird auf dem ehemaligen Fliegerhorst unter anderem eine umgebaute Sporthalle genutzt, wo 100 Plätze für Flüchtlinge zur Verfügung stehen. Berlin hatte bis Ostern acht Turn- und Sporthallen in Notunterkünfte umfunktioniert. Die sind jedoch an ihre Nutzer zurückgegeben worden.

Traglufthalle: In Berlin leben 300 Flüchtlinge in Traglufthallen auf einem ehemaligen Fußballplatz. In Düsseldorf sollen 600 Menschen in vier aufblasbaren, beheizbaren Traglufthallen mit festem Boden unterkommen. Mietkosten: 250.000 Euro monatlich.

Zeltstädte: Wie Hamburg schafft auch Sachsen-Anhalt Hunderte Plätze in Zeltstädten. In Köln wird auf einer Bezirkssportanlage eine Zeltstadt aufgebaut. In Gießen und Wetzlar in Hessen gibt es bereits Zeltlager. Mit bundesweit 7000 Zelten hilft nun die Bundeswehr den Städten, 500 gehen nach Hamburg. An einer Zeltstadt für 1000 Menschen in Dresden kam es zwischen Rechten und Unterstützern der Flüchtlinge schon mehrfach zu Auseinandersetzungen.