Brüssel. So viele Asylbewerber wie nie zuvor in einem Monat kamen im Juli nach Deutschland

Mehr als die Hälfte der Deutschen hält den Zustrom von Ausländern für die größte europäische Herausforderung. In einer Umfrage gaben 55 Prozent der Befragten die Einwanderung als „wichtigstes Problem“ der Europäischen Union an, wie die EU-Kommission mitteilte. Dies war ein deutlich höherer Anteil als noch ein halbes Jahr zuvor (37 Prozent). Nur die Menschen in Malta nannten die Einwanderung zuletzt noch häufiger als wichtigstes Problem (66 Prozent).

Wie aus der im Mai durchgeführten Umfrage ebenfalls hervorgeht, wird die Einwanderung gesamteuropäisch als größeres Problem wahrgenommen als die wirtschaftliche Lage. Ihre Nennung als wichtigstes Problem habe in spektakulärer Weise zugenommen. In 20 der 28 EU-Mitgliedstaaten führe sie mittlerweile die Problemrangliste an.

Bei 56 Prozent der befragten EU-Bürger ruft die Einwanderung von Menschen aus Nicht-EU-Staaten der Umfrage zufolge ein negatives Gefühl hervor. 85 Prozent sprechen sich für zusätzliche Maßnahmen zur Bekämpfung der illegalen Einwanderung aus.

Migrationsforscher kritisiert ineffiziente Strukturen im deutschen Asylsystem

Im Juli sind so viele Asylbewerber nach Deutschland gelangt wie noch nie zuvor in einem Monat. Derzeit kämen sehr viele Asylbewerber aus den Kriegs- und Krisenregionen in Syrien, im Irak und in Afghanistan, sagte der Präsident des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF), Manfred Schmidt. Mit 79.000 Menschen habe es im Juli „den höchsten Zugang aller Zeiten“ gegeben, sagte auch Bayerns Sozialministerin Emilia Müller (CSU). Ende August will das Bundesamt seine Prognose für 2015 aktualisieren. Bisher rechnet Schmidt in diesem Jahr mit 450.000 Asylbewerbern.

Erste Priorität für den BAMF-Chef hat die beschleunigte „Rückführung“ von Asylbewerbern aus Südosteuropa, möglichst innerhalb von vier bis sechs Wochen nach der Ankunft. Innerhalb weniger Wochen habe es „über 30.000 Zugänge allein aus Albanien mit einer Schutzquote von nur 0,1 Prozent“ gegeben. Momentan seien 209.000 Asylanträge in Bearbeitung, sagte Schmidt. Davon seien 94.000 vom Balkan und 40.000 aus Syrien.

Nach Einschätzung des Migrationsforschers Dietrich Thränhardt sind ineffiziente Strukturen im deutschen Asylsystem der Grund für den enormen Stau bei der Bearbeitung von Asylanträgen. Das BAMF schiebe eine immense Bugwelle unerledigter Anträge vor sich her, sagte Thränhardt. Neben einem Mangel an „Entscheidern“ in der Behörde sieht er vor allem den großen Verwaltungsaufwand für sogenannte Widerrufsprüfungen und „Dublin“-Fälle als Ursache.