Berlin. Statistisch erwiesen: Die Generation 65 plus fühlt sich überwiegend fit, ist aktiver denn je und länger im Job

Die Generation 65 plus bleibt länger im Job und ist aktiver denn je. Der Trend hält seit Jahren an und steht im Fokus des Statistischen Bundesamtes, das gestern dazu ein umfangreiches Zahlenwerk vorlegte. Die wichtigsten Fragen im Überblick:


Wie hoch ist der Anteil der mehr als
65-Jährigen an der Bevölkerung?

17 Millionen Bundesbürger sind 65 Jahre oder älter – das sind 21 Prozent der Bevölkerung. Bis 2060 dürfte ihr Anteil auf 33 Prozent steigen. Ein Drittel lebt allein, Frauen doppelt so häufig wie Männer. Die Geschlechter unterscheiden sich in der Lebenserwartung, aber auch im Erwerbsleben. Männer bleiben eher über die gesetzliche Altersgrenze hinaus beschäftigt. Knapp ein Fünftel der Hamburger Bevölkerung gehört zur Generation 65 plus. Nach Ergebnissen des Mikrozensus 2014 waren von den rund 1,762 Millionen Einwohnern 338.000 (19 Prozent) im Rentenalter.


Können die Deutschen
nicht von der Arbeit lassen?

Im Jahr 2014 waren 14 Prozent der 65- bis 69-Jährigen erwerbstätig. In weniger als zehn Jahren hat sich die Quote verdoppelt. Noch 2005 lag sie bei sechs Prozent. Die Entwicklung dürfte weiter anhalten. 52 Prozent der 60-bis 64-Jährigen sind in Erwerbstätigkeit. Zum einen wird die gesetzliche Altersgrenze schrittweise von 65 auf 67 Jahre angehoben. Wer keine Renteneinbußen hinnehmen will, muss also länger im Job bleiben. Zum anderen sind 14,9 Prozent der Generation 65 plus armutsgefährdet.


Was heißt armutsgefährdet?
Das bedeutet, dass eine Person mit weniger als 979 Euro im Monat auskommen muss. Das betrifft Frauen stärker als Männer. Die Statistik blendet aber das Vermögen aus, das im Schnitt 55.000 Euro beträgt. Es ist ein großer Unterschied, ob von den 979 Euro noch die Miete bezahlt werden muss oder nicht. Fakt ist aber auch, dass Ende 2013 eine halbe Million Menschen über 65 Jahre Grundsicherung bezog. Das waren fast doppelt so viele wie noch 2003.


Also müssen die Leute gezwungener-

maßen länger arbeiten?

Einige sind finanziell darauf angewiesen. Andere könnten sich einen Ruhestand leisten, wollen aber länger arbeiten. Von einem neuen „anderen Selbstverständnis“ ist jetzt die Rede.


Was ist mit „anderem
Selbstverständnis“ gemeint?

Nach der Sterbetafel haben Männer mit 65 eine Lebenserwartung von 17 Jahren und sechs Monaten, Frauen von 20 Jahren und neun Monaten. Das ist eine lange Phase, der Blick darauf verändert sich: Man kann sie als gewonnene Jahre betrachten, nicht zuletzt beruflich. Dazu passt, dass 39 Prozent der erwerbstätigen 65- bis 69-Jährigen selbstständig oder „mithelfende Familienangehörige“ sind, wie es in der Statistik heißt.


Wie stellt sich die Politik darauf ein?

Sie versucht, den Trend zu steuern: Mit der Rente mit 67, mit diversen Pflegereformen und mit einer Demografiestrategie. Längst sind die Älteren ein politischer Faktor, eine relevante Größe für jede Partei. Die über 60-Jährigen machten schon bei der vergangenen Bundestagswahl 34 Prozent der Stimmberechtigten aus. Und sie sind aktiv. Wahlbeteiligung: 75 Prozent. Kanzlerin Angela Merkel (CDU), gerade 61 Jahre alt geworden, hat bereits dreimal den deutschen „Seniorentag“ eröffnet. „Senioren werden gebraucht“, rief sie ihrer Klientel zu. Die Jüngeren seien zwar oft schneller, doch dürfe man nicht vergessen, sagte Merkel, „dass die Älteren bereits die Abkürzung kennen“.


Wie geistig aktiv ist
die Generation 65 plus?
Sie macht inzwischen 42 Prozent der Gasthörer an den Universitäten aus, Tendenz: steigend. 14.200 waren 65 Jahre oder älter. Die beliebtesten Fächer: Geschichte und Philosophie. Die Senioren belegten 667.000 Kurse an den Volkshochschulen. Besonders interessierten sie sich für Gesundheit (259.000) und Sprachen (197.000). 57 Prozent nutzen einen Computer und 45 Prozent surfen im Netz, Männer häufiger als Frauen. Sie verbringen wöchentlich 18,5 Stunden vor dem Fernseher und sind Spitzenreiter beim Lesen - nahezu sieben Stunden in der Woche.


Wie gesund sind die Senioren?

Beim Mikrozensus gaben drei Viertel an, dass sie sich fit fühlen. Das ist nur eine Selbsteinschätzung. Fakt ist, dass die Zahl der im Krankenhaus stationär behandelten Menschen in der Altersgruppe steigt. 2013 waren es 8,3 Millionen Patienten – vor zehn Jahren 6,7 Millionen. Die durchschnittliche Verweildauer ist dagegen gesunken. Sie beträgt jetzt neun Tage. Im Jahr 2003 waren es elf. 2,2 Millionen Menschen ab 65 sind pflegebedürftig. Zwei Drittel werden zu Hause versorgt. Selbst bei den mehr als 90-Jährigen ist nur knapp die Hälfte (46 Prozent) im Heim. Besonders gefährdet sind die Älteren im Straßenverkehr.


Wie mobil sind die Älteren?

Es gibt immer mehr Senioren, und sie sind wesentlich mobiler als früher – auch im Straßenverkehr. Nahezu jeder dritte Verkehrstote ist älter als 65. Vor 20 Jahren lag der Anteil noch bei 16 Prozent.


Ist das Unfallrisiko bei ihnen größer?

Vor 20 Jahren waren 16 Prozent der Verkehrstoten älter als 65 – heute sind es 29 Prozent, fast jeder Dritte. Das liegt nicht daran, dass das Risiko größer geworden wäre, ganz im Gegenteil. Der entscheidende Punkt ist, dass die Bevölkerung immer älter wird. Es nehmen mehr Senioren denn je am Straßenverkehr teil. Da die körperliche Widerstandsfähigkeit im Alter sinkt, haben sie ein höheres Risiko, bei einem Unfall tödlich verletzt zu werden. Unter den Verkehrstoten waren 26 Prozent der PKW-Insassen, 48 Prozent der Fußgänger und 57 Prozent der Radfahrer älter als 65. In 67 Prozent ihrer Autounfälle trugen die Senioren die Hauptschuld. Waren sie als Fußgänger oder mit dem Rad unterwegs, gingen die Unfälle in der großen Mehrzahl auf andere zurück.