Leipzig. Der Hinweis auf die Legasthenie darf im Abitur-Zeugnis vermerkt werden. Sofern die Rechtschreibleistung des Schülers nicht bewertet wurde.

Wird einem Legastheniker beim Abitur die Möglichkeit eingeräumt, dass seine Rechtschreibleistungen nicht bewertet werden, dann darf dies im Abitur-Zeugnis vermerkt werden. Das hat am Mittwoch das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig entschieden und damit ein Urteil des Verwaltungsgerichts München bestätigt. Das bayerische Kultusministerium begrüßte die Entscheidung. „Sie stellt einen nachvollziehbaren Ausgleich zwischen der Gewährung von Notenschutz bei Legasthenikern und der Chancengleichheit für alle anderen Schüler her“, teilte das Ministerium mit.

Den Leipziger Richtern lagen die Klagen von drei Abiturienten aus Bayern vor. Auf ihren Zeugnissen war vermerkt worden, dass wegen einer „fachärztlich festgestellten Legasthenie“ die Rechtschreibleistung der Betroffenen nicht gewertet worden sei. Durch diesen Eintrag fühlten sich die Kläger diskriminiert. Schon das Münchner Verwaltungsgericht hatte festgestellt, dass der Hinweis auf die Legasthenie nicht hätte eingetragen werden dürfen. Den Vermerk zur nicht bewerteten Rechtschreibung hatten die Münchner hingegen toleriert.

Rechtsgrundlage muss noch geschaffen werden

Der Vorsitzende Richter des Leipziger Senats, Werner Neumann, sagte in der Urteilsbegründung, die Schüler hätten sich für den sogenannten Notenschutz entschieden. Dadurch würden die allgemein geltenden Bewertungsmaßstäbe für sie außer Kraft gesetzt. Dies stelle jedoch eine Ungleichbehandlung zum Beispiel mit anderen Legasthenikern dar, die auf den Notenschutz verzichteten und eine schlechtere Beurteilung riskierten und in Kauf nähmen. Deshalb sei es statthaft, die Nichtbeurteilung der Rechtschreibung zu vermerken. Grundvoraussetzung sei jedoch, dass es für solche Vermerke eine gesetzliche Grundlage im Schulgesetz gibt. Ein ministerieller Erlass alleine reiche nicht aus, entschieden die Leipziger Richter. (Aktenzeichen: BVerwG 6 C 33.14 und 6 C 35.14)

Das Münchner Kultusministerium kündigte an, ein entsprechendes Gesetzgebungsverfahren einzuleiten und eine abschließende Entscheidung des bayerischen Landtags herbeizuführen. Damit solle eine Rechtsgrundlage für den geänderten Bewertungsmaßstab und die entsprechende Zeugnisbemerkung bei Legasthenikern geschaffen werden.