Bamako. Ursula von der Leyen besucht das von Islamisten bedrohte Mali. Bundeswehrsoldaten bilden hier afrikanische Kämpfer aus

Ein dampfender, schwitzender Spätnachmittag, der Asphalt ist rissig, der malische Soldat, der im Orchester das Becken spielt, lässt sein Instrument bei der Generalprobe fallen. Ein paar Minuten später kommt Ursula von der Leyen im malischen Verteidigungsministerium an. An der Seite von Tiéman Hubert Coulibaly, dem Verteidigungsminister Malis, schreitet sie an den Soldaten vorbei.

„Der Ausbildungszustand war zu Beginn geringer als null“, sagte die deutsche Verteidigungsministerin auf dem Flug in die malische Hauptstadt Bamako über die europäische Trainingsmission EUTM. Bei der Ausrüstung sah es nicht besser aus. „Es waren noch nicht mal Stiefel vorhanden.“ Das hat sich geändert. Es gibt ein bisschen Fortschritt. Aber der Weg ist noch weit. Ursula von der Leyen ist „noch lange nicht zufrieden“. Die CDU-Politikerin, der Ambitionen auf das Kanzleramt nachgesagt werden, muss sich in Westafrika in Geduld üben. „Wir brauchen in dieser schwierigen Region einen langen Atem“, sagt von der Leyen.

Mali liegt südlich von Algerien. Es ist eines der ärmsten Länder der Welt. Nach einem Militärputsch im April 2012 nutzten Islamisten und Tuareg-Rebellen das Machtvakuum: Sie eroberten den Norden Malis, führten in der bevölkerungsarmen Wüstenregion die Scharia ein. Das Land zerbrach in zwei Teile. Im Januar 2013 intervenierte die ehemalige Kolonialmacht Frankreich. Die malische Regierung hatte Paris gebeten, den Vormarsch der Krieger aus dem Norden zu stoppen. Nur einen Monat später stimmte der Bundestag einem Trainingsmandat der Bundeswehr zu. Aktuell bilden 160 deutsche Soldaten malische Kämpfer aus.

Das Trainingscamp in Koulikoro, etwa 70 Kilometer östlich von Bamako, ist weit entfernt vom umkämpften Norden. Die Deutschen sehen in den afrikanischen Soldaten motivierte Kämpfer. Doch so organisiert und zackig wie in Deutschland läuft vieles nicht. Nach zehn Wochen Ausbildung geht es dann in den umkämpften Norden.

Dort geht es jetzt womöglich voran. Im Juni wurde ein Friedenabkommen mit den Tuareg-Rebellen geschlossen. Doch das heißt noch lange nicht, dass sich was ändert. Erst müssen die Verabredungen des Abkommens erfüllt werden. „Die Lage im Norden ist fragil, gespannt, kritisch“; sagt Ursula von der Leyen. Das liegt vor allem an den islamistischen Terroristen – die wollen nicht verhandeln.

Am Dienstagmorgen trifft von der Leyen Vertreter Nord-Malis zum Frühstück. Die Tuareg-Anführer tragen traditionelle Gewänder, einer von ihnen zieht das Tuch über den Mund, wenn er spricht. Die Männer bedanken sich wortreich bei der deutschen Verteidigungsministerin, schenken ihr ein Schmuckkästchen aus dunklem Holz. Von der Leyen lächelt, ihre Augen glitzern, als sie das Kästchen entgegennimmt.

Hartnäckig ist sie an diesem Morgen trotzdem: Sie will immer wieder wissen, was getan werden muss, damit das Friedenabkommen ein Erfolg wird. Die Tuareg möchten eingebunden werden, auch in die malische Armee. Sie beklagen, dass der Norden unter dem Waffen- und Drogenschmuggel leidet, mit dem sich die Islamisten finanzierten. Hier verweist die deutsche Verteidigungsministerin auf die Mission der Bundeswehr: „Umso wichtiger ist es, dass die malische Armee schlagkräftig aufgestellt wird.“

Es ist Ursula von der Leyens zweite Reise nach Mali. Anfang 2014 ging es für sie noch darum, die Truppe in Koulikoro zu besuchen. Sie sagte, sie wolle ganz viel lernen. Davon ist heute keine Rede mehr. Ursula von der Leyen tritt selbstbewusst auf, scheint angekommen im Amt. Das passt auch zur neuen Verantwortung, die Deutschland in Mali übernimmt. Die Bundeswehr hat in den nächsten zehn Monaten das Kommando über die EU-Ausbildungsmission. Brigadegeneral Franz Pfrengle übernimmt vom spanischen Kollegen Alfonso García-Vaquero Pradal die Leitung des Einsatzes mit 600 Soldaten aus 26 Ländern. Bisher wurden 5000 malische Kämpfer ausgebildet. Ein Erfolg bei der Staatenbildung würde auch beim Thema Flüchtlinge helfen. Je stabiler Mali und die Region, desto weniger Menschen flüchten von hier nach Europa. „Nichts kann Menschen eher davon abhalten, die lebensgefährliche Flucht nach Europa zu wagen als die Tatsache, dass sie in ihren Heimatländern Perspektiven haben, eine Zukunft sehen“, sagt von der Leyen.

Wenn hier der Aufbau gelingt, hat das eine positive Wirkung auf die Region

Mali hat für Deutschland also strategische Bedeutung. Die Bundesregierung glaubt: Wenn hier der Aufbau gelingt, hat das eine positive Wirkung auf die ganze Region. Das Land ist groß, liegt mitten in Westafrika, grenzt an sieben Länder. Berlin verfolgt dieses Ziel nach der Devise Hilfe zur Selbsthilfe. Mali muss unterstützt werden. Befähigt, sagt die Ministerin. Und soll sich dann aus eigener Kraft aufrichten. So seien Erfolge dann auch nachhaltiger, sagt von der Leyen. Doch das geht nicht von heute auf morgen.

Es muss sich noch vieles ändern in Mali, das wird auf dieser kurzen Reise immer wieder klar. So fährt zum Beispiel in der Kolonne der Ministerin auch ein Pick-up, auf dem stehen Männer mit Maschinengewehren, sie tragen Anzüge, auf ihren orangen Armbinden steht „Police“. Schon auf dem Flug nach Bamako hat Ursula von der Leyen gesagt: „Mali wird uns noch lange beschäftigen.“