Peking.

In der seit Jahren größten Verfolgungswelle gegen Bürgerrechtsanwälte haben chinesische Sicherheitsbehörden Dutzende Menschen festgesetzt. Die Behörden warfen Anwälten vor, eine „kriminelle Vereinigung“ gebildet zu haben. Sie hätten „ernsthaft die öffentliche Ordnung gestört“, berichtete das Polizeiministerium laut staatlichen Medien. In einer landesweiten Aktion waren seit Freitag mehr als 50 Anwälte, Mitarbeiter von Kanzleien und Aktivisten „verschwunden, festgenommen oder von der Polizei einbestellt worden“, wie die Menschenrechtsorganisation Amnesty International mitteilte.

Es sei der größte Schlag gegen Bürgerrechtsanwälte seit dem Amtsantritt von Chinas neuem Parteichef Xi Jinping 2012, sagte Amnesty-Forscher William Nee. Ein derart koordiniertes Vorgehen sei auch seit dem „arabischen Frühling“ 2011 nicht mehr gesehen worden. Damals hatten die Sicherheitsbehörden in China gegen befürchtete „Jasmin-Proteste“ mobil gemacht, damit der Funke der demokratischen Bewegungen in der arabischen Welt nicht überspringt.

Die Menschenrechtslage wird voraussichtlich ein Thema beim dreitägigen China-Besuch von Vizekanzler und Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD), der am Mittwoch in Peking erwartet wird. „Der Vizekanzler sollte auf jeden Fall Deutschlands Betroffenheit über die Festnahmewelle äußern“, sagte Nicolas Bequelin von Amnesty. Schon Justizminister Heiko Maas (SPD) hatte bei seinem Besuch vor der jüngsten Verfolgungswelle in Peking betont, dass „der Druck in Menschenrechtsfragen aufrechterhalten“ werden müsse.

Das Vorgehen erfolgt knapp zwei Wochen nach der Verabschiedung des neuen Gesetzes für nationale Sicherheit in China, das weltweit auf Kritik gestoßen war. Selbst Uno-Menschenrechtskommissar Said Raad al-Hussein hatte China gerügt, mit dem vage formulierten Gesetz die Unterdrückung bürgerlicher Rechte zu fördern.