Berlin.

Patrick Sensburg (CDU), Vorsitzender des NSA-Untersuchungsausschusses, haben die neuen Enthüllungen über die Spionagepraktiken des US-Geheimdienstes NSA nicht überrascht. „Die Siegermächte wollten nach der Wiedervereinigung wissen, wie die Bundesregierung tickt“, sagte er dem Abendblatt. Er geht davon aus, dass auch Russen, Briten und Franzosen Anfang der 90er-Jahre erfahren wollten, was die Kohl-Regierung plant. Am Mittwochabend war bekannt geworden, dass die NSA seit Beginn der 90er-Jahre Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU), Gerhard Schröder (SPD), Angela Merkel (CDU) und ihre engen Mitarbeiter abgehört hat.

Was wir nun wüssten, sei „sicher nur die Spitze des Eisbergs“, sagte Sensburg, der davon ausgeht, dass auch andere ausländische Geheimdienste in Berlin aktiv sind. Dies könne man nicht verhindern, indem man erzürnt auf neue Enthüllungen reagiere, sagte Sensburg. „Wichtiger ist eine effektive Spionageabwehr.“

Christian Flisek, Obmann der SPD im NSA-Untersuchungsausschuss, geht davon aus, dass die USA in Deutschland seit Ende des Zweiten Weltkrieges umfassend Spionage betreiben. „Doch es ist ein Relikt des Kalten Krieges, Freunde abzuhören“, sagte Flisek. „Da ist die Kanzlerin gefordert.“ Merkel habe seit zwei Jahren in der NSA-Affäre nur einen Satz gesagt: „Ausspähen unter Freunden, das geht gar nicht.“ Flisek: „Wenn die Kanzlerin auch nur einen Buchstaben dieses Satzes ernst meint, muss sie das Gespräch mit Obama suchen.“ Es könne nicht sein, dass Berlin für die Amerikaner ein Spionageziel sei wie etwa Moskau. Zudem brauche Deutschland eine klare Strategie, um seine Interessen zu schützen. „Unsere Spionageabwehr ist nicht auf der Höhe der Zeit“, sagte Flisek.