Berlin . Der Rückhalt für Merkels Rettungs-Politik in der Unions-Fraktion bröckelt. Ein drittes Hilfspaket wird von vielen abgelehnt

Angela Merkel (CDU) steht ein unruhiger Sommer bevor. Neben dem Griechenland-Theater in Brüssel droht der Bundeskanzlerin auch zu Hause viel Ärger. In der Unions-Fraktion regt sich immer mehr Unmut über Athen. Zum Teil ist die Wortwahl mehr als deutlich. „Die linken Erpresser und Volksbelüger wie Tsipras können mit ihrer schmutzigen Tour nicht durchkommen“, twitterte am Abend des Referendums Andreas Scheuer, CSU-Generalsekretär und Bundestagsabgeordneter.

Ex-Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) sagte sogar, er „kenne keinen“ in der Unions-Fraktion, der ein drittes Hilfspaket für Griechenland wolle. „Die Griechen haben das Recht, Nein zu sagen. Und jetzt haben wir das Recht, ebenfalls Nein zu sagen“, sagte der stellvertretende Vorsitzende der Unions-Fraktion der „Rheinischen Post“. Die Stimmung in der Union, so könnte man meinen, kocht.

Die Realität ist dann doch etwas anders. Allgemein heißt es bei Unions-Abgeordneten meist: Wir schließen nichts aus – ein Grexit ist ebenso denkbar wie ein drittes Hilfspaket. Thomas Strobl, stellvertretender CDU-Vorsitzender und Bundestagsabgeordneter, glaubt nicht, dass der Rückhalt für Merkel in den eigenen Reihen schwindet. „Nein, das sehe ich überhaupt nicht“, sagte Strobl dem Abendblatt. „Europa hatte der griechischen Regierung viele Brücken gebaut – aber die hat sie konsequent eingerissen.“ So habe das Land „sehr viel Vertrauen verspielt“, sagte Strobl. Für ihn gilt der Grundsatz: „Finanzhilfen kann es nur im Gegenzug zu Reformen geben.“ So sieht es auch Philipp Mißfelder (CDU), außenpolitischer Sprecher der Unions-Fraktion. Mehr Hilfe für Athen wird „ohne substanzielle Reformen nicht möglich sein“, sagte er.

Auch Kristina Schröder (CDU), ehemalige Bundesfamilienministerin, zweifelt nicht an einer klaren Mehrheit in der Unions-Fraktion für den Kurs der Kanzlerin. „Ich vertraue darauf, dass Angela Merkel und Wolfgang Schäuble weiter wie die letzten Wochen auch nach dem Grundsatz verhandeln: keine Leistung ohne Gegenleistung“, sagte Schröder. „Dabei haben sie mit Sicherheit die gesamte Fraktion hinter sich.“ Auch der Merkel-Vertraute Peter Hintze sieht keine innerparteiliche Machterosion. „Ich bin sicher, dass die Fraktion in jedem Fall einem Vorschlag von Bundeskanzlerin Merkel folgen wird“, sagte der Chef der nordrhein-westfälischen CDU-Landesgruppe im Bundestag.

Und die Unterstützung aus der Fraktion wird Merkel auch brauchen. Es gibt viele Unwägbarkeiten. Niemand weiß, wie die Gespräche mit den Griechen am Wochenende laufen werden – und bis zu einem dritten Hilfspaket wird es noch viel Zeit brauchen. Fest steht aber: Der Bundestag müsste der Bundesregierung, bevor überhaupt konkret über die Gewährung von Finanzhilfen durch den Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) verhandelt werden kann, ein Mandat für einen Grundsatzbeschluss erteilen. Seit vergangenem Freitag ist parlamentarische Sommerpause. Die Abgeordneten müssten für die Abstimmung aus ihrem Urlaub zurück nach Berlin kommen. Eine Abstimmung im Bundestag über neue Verhandlungen mit Athen könnte bereits nächste Woche stattfinden. Alles hängt von den Gesprächen in Brüssel ab.

Unions-Fraktionschef Volker Kauder (CDU) sagte übrigens der „FAZ“ auf die Frage, ob seine Fraktion grundsätzlich bereit sei, neuen Verhandlungen mit Griechenland eine Zustimmung zu erteilen: „Spekulationen helfen in solchen Situationen nicht weiter. Wenn Anträge kommen, beraten wir und entscheiden dann.“ Da klingen Strobl, Schröder, Hintze und Mißfelder schon deutlicher.