Ufa. Als Gastgeber zweier Gipfel empfiehlt er sich als Anführer der nicht-westlichen Welt

Fern der schillernden Metropolen wie St. Petersburg und Moskau hat Kremlchef Wladimir Putin seine Kollegen aus China, Indien und anderen Staaten diesmal in die russische Industrieprovinz eingeladen. Nach Ufa. Ein Doppelgipfel für die nicht-westliche Welt steht an.

Der Schauplatz liegt südwestlich des Uralgebirges, von der Hauptstadt mehr als 1300 Kilometer entfernt. Dort geht es seit gestern um Weltpolitik: erst beim Gipfel der Schwellenländer Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika (Brics), dann bis Freitag beim Treffen der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SCO). Angesichts zunehmender Konfrontation mit dem Westen treibt Russland seine Bündnisse mit vielen nicht-westlichen Staaten voran.

Russland sei sich der politischen und wirtschaftlichen Schwierigkeiten in der Welt bewusst, sagte Putin bei einem Treffen mit Chinas Staatschef Xi Jinping. Mit „vereinten Kräften“ könnten die Probleme aber überwunden werden, meinte er. Bei einem Treffen mit Indiens Premier Narenda Modi lobte Putin, dass das Land künftig als Mitglied in die SCO eingebunden werde. Auch Pakistan und der Iran wollen der auf wirtschaftliche Zusammenarbeit und Sicherheitsfragen spezialisierten Organisation beitreten.

Ein gutes Dutzend Staats- und Regierungschefs werde bis Freitag erwartet, sagte Putins Berater Anton Kobjakow. Putin treffe an diesem Donnerstag auch den iranischen Präsidenten Hassan Ruhani. Bei den Gesprächen in Ufa soll es auch um das umstrittene iranische Atomprogramm, die Finanzkrise in Griechenland und um den Konflikt in der Ukraine gehen. Die Gipfelgäste, unter ihnen die brasilianische Präsidentin Dilma Rousseff, seien der „beste Beweis“ dafür, dass der Westen mit seinen Versuchen einer Isolation Russlands gescheitert sei, sagte Kobjakow. Russland will bei dem Doppelgipfel mit Unterstützung Chinas seine Vorstellung von einer multipolaren Weltordnung vorantreiben.

Der russische Finanzminister Anton Siluanow verkündete den Start der neuen Entwicklungsbank der Brics-Staaten, die in Shanghai ihren Sitz hat. Das neue Finanzinstitut solle sich auf Projekte in den Staaten der Gründungsmitglieder konzentrieren, betonte er. Er schloss allerdings mit Blick auf die Lage in Griechenland nicht aus, dass sich die Bank künftig auch bei Krisen in anderen Ländern mit Krediten aushilft. Eine Einstufung der Bank von einer Rating-Agentur steht aber noch aus. Gegründet hatten die Brics-Staaten die Alternative zur Weltbank und zum Internationalen Währungsfonds (IWF), weil sie bei den vom Westen dominierten Instituten einen Mangel an Reformen und an Einfluss beklagen.

Die Ziele für den Gipfelmarathon sind groß: Die Brics sollten zu einem „vollwertigen Mechanismus der strategischen Zusammenarbeit in Schlüsselfragen der Weltpolitik und Wirtschaft werden“, heißt es. Verabschiedet werde in Ufa eine Brics-Strategie zur Wirtschaftsentwicklung bis 2020.

Experten bemängeln allerdings, dass der Staatenverbund zwar sein Tätigkeitsfeld ausgeweitet habe, bisher aber kaum Erfolge vorweisen könne. „Viele Initiativen bleiben unterentwickelt, weil es an Abstimmung mangelt“, sagte Alexander Gabujew vom Moskauer Carnegie Center. Der Politologe sieht in dem Treffen vor allem eine bedeutende Propaganda-Show, bei der sich Russland als Anführer der nicht-westlichen Welt profilieren will.

„Wir müssen noch viel dafür tun, dass diese Organisation einen handelnden Charakter erhält, damit sie zu einem handelnden und effektiven Instrument für die Entwicklung unserer Wirtschaft wird“, sagte auch Putin über Brics. Dabei beteuerte er, dass es ausschließlich um eine wirtschaftliche und politische Zusammenarbeit gehe – und nicht um das Schmieden neuer Militärblöcke.

Der russische Verteidigungsminister Sergej Schoigu kündigte allerdings noch kurz vor dem Gipfel die Gründung eines „Apparates nationaler Militärberater“ unter dem Dach der SCO an. So solle die „militärische Komponente“ des Bündnisses künftig gefestigt werden, betont er. Die SCO will in Ufa ihre Strategie-2025 verabschieden, die den Staaten künftig mehr Gewicht geben soll. Vor allem der Iran, der eine SCO-Mitgliedschaft anstrebt, pocht darauf, dass die Region selbstständig – ohne Einfluss der USA – für ihre Sicherheit sorgt. Auch Ägypten und Syrien haben sich um eine Mitgliedschaft in der Organisation beworben.