Berlin . Ahmed Mansur muss nicht länger Auslieferung an Kairo befürchten

Der prominente arabische Fernsehjournalist Ahmed Mansur kommt nach seiner umstrittenen Festnahme in Berlin wieder frei. Die Berliner Generalsstaatsanwaltschaft entschied am Montag, dass der 52-Jährige nicht länger festgehalten und nicht an Ägypten ausgeliefert wird. Begründet wurde dies damit, dass es vonseiten der Bundesregierung „politische Bedenken“ gegeben habe. Der Fall hatte international erhebliches Aufsehen erregt.

Mansur, der für den Sender Al-Dschasira arbeitet, war 2014 in Kairo in Abwesenheit zu einer langjährigen Haftstrafe verurteilt worden. Am Sonnabend wurde er auf dem Flughafen Berlin-Tegel festgenommen, als er Deutschland verlassen wollte. Trotz vieler Proteste musste er das Wochenende in der Justizvollzugsanstalt Berlin-Moabit verbringen.

Grundlage dafür war ein Haftbefehl aus Ägypten, der von Interpol bereits im vergangenen Herbst als „Fahndungsersuchen“ auch an die deutschen Behörden weitergeleitet wurde. Der Fall brachte die Bundesregierung nach dem umstrittenen Besuch des ägyptischen Präsidenten Abdel Fattah al-Sisi Anfang Juni erneut in Erklärungsnot.

Der Deutsche Journalisten-Verband und die Journalistenorganisation Reporter ohne Grenzen hatten die Bundesregierung davor gewarnt, sich zum „Komplizen“ eines Militärregimes zu machen. Auch innerhalb der Regierung gab es Unverständnis über die Festnahme. Unklar blieb auch, warum Mansur, wenn das Fahndungsersuchen seine Berechtigung hatte, nicht bereits vor einer Woche bei der Einreise festgenommen wurde.

Die Berliner Generalstaatsanwaltschaft entschied am Montagnachmittag dann zügig, einem Rechtshilfeersuchen Ägyptens nicht nachzukommen. Ihr Sprecher Martin Steltner sagte, es habe neben rechtlichen Aspekten auch „nicht ausschließbare politisch-diplomatische Bedenken“ gegeben. Zuvor hatte das Auswärtige Amt davor gewarnt, den Fall zu einer „Hängepartie“ werden zu lassen.

Mansur, der auch einen britischen Pass besitzt, gehört zu den bekanntesten TV-Journalisten der arabischen Welt. Einen Namen machte er sich als Kriegsreporter. Heute hat er beim Sender Al-Dschasira eine wöchentliche Interviewsendung mit bis zu 30 Millionen Zuschauern. Mansur gilt als fairer Interviewer, zu dem auch gerne Prominente kommen. Zuletzt stand er in der Kritik, weil er den Anführer der islamistischen Terrorgruppe Al-Nusra Front zu Gast hatte.

Ein Strafgericht in Kairo hatte Mansuri 2014 zu 15 Jahren Haft verurteilt, weil er 2011 an der Folter eines Anwalts beteiligt gewesen sein soll. Er bestreitet dies. Das Urteil ist umstritten. Trotzdem war es im Oktober 2014 Grundlage für einen Haftbefehl, was bei der Polizeibehörde Interpol ein „Fahndungsersuchen“ zur Folge hatte. Im Januar entschieden Auswärtiges Amt und Justizministerium in Berlin, dass es gegen eine „nationale Ausschreibung zur Festnahme“ keine Bedenken gebe. Warum dies so geschah, sagte am Montag niemand.

Offen ist nun, wann Mansur Deutschland wieder verlassen wird. Ursprünglich war er am Sonnabend auf dem Weg in den Golfstaat Katar, wo Al-Dschasira seinen Sitz hat. Erwartet wird, dass Mansur schnellstmöglich nach Katar zurückkehrt.

Der Nahost-Experte und Regierungsberater Guido Steinberg von der Berliner Stiftung Wissenschaft und Politik kritisierte, mit Mansurs Verhaftung sei ein nicht unbeträchtlicher außenpolitischer Schaden entstanden. Die Vorwürfe gegen Mansur seien absurd. Mansur gehöre zwar sicher zum Umfeld der Muslimbruderschaft, deren Aufstieg vom Sender Al-Dschasira unterstützt werde – die Regierung in Kairo hat die konservativ-islamische Muslimbruderschaft verboten. Aber es sei davon auszugehen, dass das Urteil politisch motiviert sei, sagte Steinberg: „Ägypten ist kein Rechtsstaat.“ Für ein live ausgestrahltes Interview mit Steinberg war Mansur in die Bundesrepublik eingereist.