Berlin. Schluss mit Kastration im Stall – her mit besserer Kennzeichnungspflicht. SPD will Tempo in die Diskussion bringen.

Ihre Schmerzen müssen groß sein. 20 Millionen männliche Ferkel werden jährlich bei vollem Bewusstsein kastriert, damit ihr arttypischer Ebergeruch unterbunden wird. Aber auch Haustiere wie einige Möpse werden aus Schönheitsgründen derart überzüchtet, dass sie durch ihre platt gedrückten Nasen kaum mehr Luft bekommen, röcheln und gesundheitlich leiden. Diesen Missständen im Umgang mit Tieren will die SPD-Bundestagsfraktion endlich ein Ende setzen und hat dazu gestern ein umfangreiches Positionspapier vorgelegt. „Die Haltung von Nutz- und Heimtieren muss sich am Wohl der Tiere orientieren und nicht umgekehrt. Man stutzt die Tiere zurecht, damit man sie in Ställen halten kann. Der Anspruch muss aber vielmehr sein, dass die Ställe den Tieren angepasst werden“, sagte Ute Vogt, stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende.

Mit ihrem Forderungskatalog will die SPD Tempo in die Diskussion um den Tierschutz bringen und das im Koalitionsvertrag der Bundesregierung vereinbarte Ziel vorantreiben, eine tiergerechte Haltung in Deutschland zu fördern: „Wir wollen noch in dieser Legislaturperiode konkrete Verbesserungen erreichen.“ Dazu gehöre auch die Einführung einer verbindlichen Kennzeichnungspflicht von Fleischprodukten, damit die Verbraucher sich beim Einkauf bewusst für bestimmte Haltungsbedingungen der Tiere entscheiden können. „Wir wollen einen verantwortungsvollen Tierschutz im Schulterschluss mit der Landwirtschaft und den Verbänden durchsetzen“, ergänzte die SPD-Tierschutzbeauftragte Christina Jantz. Auch in der CDU wird offenbar an einem Papier gearbeitet.

Oberstes Ziel der SPD sei es, „echte Fortschritte für die Lebensbedingungen von Heim- und Nutztieren“ durchzusetzen. Um die Haltung von Nutztieren zu verbessern, sollten Prüf- und Zulassungsverfahren für serienmäßig hergestellte Stallsysteme eingeführt werden. Die Verstümmelung von Tieren, wie das Kürzen von Schweineschwänzen und Geflügelschnäbeln, sollte abgeschafft werden. In der Tierzucht müsse auf das Töten männlicher Küken und auf Qualzuchten verzichtet werden. Die Verabreichung von Medikamenten müsse auch wegen zunehmender Resistenzen weiter verringert werden.

Tiertransporte sollten im Inland auf vier Stunden begrenzt sein. Europaweit bedürfe es hierbei einer grundlegenden Änderung der Transportzeiten und Ladedichte, so die SPD-Fraktion. Um gegen Verstöße wirkungs-voller vorzugehen, wird ein Verbandsklagerecht für Tierschutzorganisationen auf Bundesebene gefordert. Bislang ist dieses nur auf Länderebene zulässig.

Zudem müsse der internationale Wildtierhandel stärker an einem nachhaltigen Artenschutz ausgerichtet werden. Dieser soll auch für Zirkustiere gelten. „Eine artgerechte Haltung von Wildtieren ist in Zirkussen nicht möglich“, sagte Jantz. Elefanten, Giraffen oder einige Affenarten sollten deshalb nicht mehr in die Manegen.

„Wir freuen uns, dass die SPD das Thema Tierhaltung wieder auf die eigene Tagesordnung setzt. In Deutschland werden noch immer viel zu viele Tiere gequält oder unter inakzeptablen Bedingungen gehalten“, sagte die Grünen-Sprecherin für Tierschutzpolitik, Nicole Maisch.