Lissabon. EU-Experten stellen mit Sorge fest, dass der Wirkstoffgehalt in Rauschgiften zunimmt

Als die Europäische Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht (EMCDDA) vor 20 Jahren in Lissabon ihre Tätigkeit aufnahm, standen die Gefahren durch Heroin ganz klar im Mittelpunkt der Arbeit. Heute wissen die Experten in ihren Büros am Tejo-Fluss aber gar nicht mehr, wohin sie schauen sollen. Immer schneller tauchen neue Drogen auf. Im vergangenen Jahr wurden in den Ländern der EU 101 bis dahin unbekannte, künstlich hergestellte Rauschmittel entdeckt – 20 mehr als im bisherigen Rekordjahr 2013.

„Die Drogenproblematik wird immer komplexer“, klagt EMCDDA-Direktor Wolfgang Götz. Und gefährlicher. Denn die künstlichen Drogen werden – wie übrigens auch viele der „traditionellen“ Rauschgifte – immer potenter. Die sogenannten „Legal Highs“, die im Internet etwa als Badesalz oder Kräutermischungen angeboten werden, würden zunehmend mit drogenbedingten Schädigungen und Todesfällen verbunden, heißt es in dem EMCDDA-Jahresbericht 2015. In Deutschland wuchs 2014 allein die Zahl der von den Designerdrogen verursachten Todesfälle im Vergleich zu 2013 von fünf auf 25.

Götz warnt diejenigen, die dennoch das Gefahrenpotenzial der im Nachtleben von Berlin und Hamburg, Zürich und Madrid inzwischen fest etablierten Modedrogen herunterspielen: „Das kann sehr, sehr schnell einen größeren Umfang erreichen, aus zehn Toten können schnell 1000 werden.“ Die Konsumenten wüssten bei den neuen psychoaktiven Substanzen (NPS), die harmlos und attraktiv klingende Namen wie „Jamaican Gold“ oder „After Dark“ tragen, oft überhaupt nicht, was sie konsumierten und dass sie stärkere Produkte zu sich nähmen. Mit geschätzt 3,4 Millionen Konsumenten im Alter zwischen 15 und 64 ist Kokain nach wie vor das in Europa am häufigsten benutzte illegale Stimulans, Heroin bleibt die tödlichste Droge. Allerdings geht der Konsum beider Substanzen seit Jahren stetig zurück.