Berlin/Moskau. Nach Übernahme der Krim durch Russland kritisiert der Kreml Merkels Wortwahl

Kurz vor dem G7-Treffen ohne Kreml-Chef Wladimir Putin haben sich Moskau und Berlin einen scharfen verbalen Schlagabtausch über das russische Vorgehen in der Ukraine geliefert. Kreml-Sprecher Dmitri Peskow sagte, es sei eine „fehlerhafte Definition“ von Kanzlerin Angela Merkel (CDU), wenn sie beim russischen Vorgehen auf der Halbinsel Krim von Annexion spreche. Regierungssprecher Steffen Seibert entgegnete in Berlin: „Ganz klar ist, dass es für uns überhaupt keinen Grund gibt, die Sache anders zu betrachten, als wir sie seit Frühjahr 2014 betrachten: Es ist eine Annexion, es ist eine völkerrechtswidrige Annexion.“

Peskow hatte der Agentur Interfax zufolge gesagt: „Frau Merkel ist in ihren Äußerungen ein Fehler im Bereich der Terminologie unterlaufen, sie verwendete das Wort Annexion und nicht Wiedervereinigung.“ Merkel hatte den Anschluss der Krim an Russland in Gegenwart des russischen Präsidenten Putin in Moskau am 10. Mai als „verbrecherisch“ verurteilt. Die russische Führung besteht darauf, dass es sich um eine freiwillige Wiedervereinigung gehandelt habe.

Scharf wies Putins Sprecher auch Vorwürfe der Kanzlerin zurück, der Anschluss der Krim sei eine Bedrohung für die Weltordnung gewesen. Eine „Gefahr für die Ordnung in der Welt und in Europa“ sei vielmehr der vom demokratischen Westen vorangetriebene „gewaltsame Machtwechsel“ in der Ukraine gewesen. „Das ist und war der Wendepunkt für die europäische und weltweite Ordnung“, sagte Peskow.

Seibert sagte auf die Frage, wann Russland in den Kreis der Staats- und Regierungschefs von sieben großen Industrienationen zurückkehren könne: „Ich will hier keine Bedingungen aufstellen.“ Die G7 hätten im Frühjahr 2014 die Entscheidung zum Ausschluss Russlands gefällt. „Es wird sich zeigen, ob Russland in seiner Politik, in seiner Hinwendung zu den Werten die Schritte macht, die nötig sind, um wieder ein Mitglied dieser Gruppe zu sein. Im Moment können wir das nicht erkennen.“

Die diplomatischen Attacken zwischen Moskau und dem Westen reißen nicht ab. Als Reaktion auf die von Russland verhängten Einreiseverbote für europäische Politiker hat EU-Parlamentspräsident Martin Schulz nun Vergeltungsmaßnahmen angeordnet. Von zwei Ausnahmen abgesehen, haben russische Diplomaten im Europäischen Parlament künftig Hausverbot. Zudem wird unter anderem die Arbeit eines russisch-europäischen Kooperationsausschusses ausgesetzt. Der Kreml hätte bisher keine vernünftige Erklärung dafür geliefert, warum sie 89 Politiker, Beamte und Militärs aus EU-Staaten auf eine „schwarze Liste“ gesetzt haben, so Schulz. Deswegen sei es nun an der Zeit, mit angemessenen Maßnahmen zu reagieren.