Bagdad. Konflikt zwischen Sunniten und Schiiten im Irak weiter verschärft

Glaubt man den Worten von Oberst Steven Warren, dann ist der neueste Erfolg der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) im Westen des Iraks kaum mehr als eine kleine Panne. Die Einnahme der Provinzhauptstadt Ramadi durch die sunnitischen Extremisten dürfe man nicht überinterpretieren, versicherte der Pentagon-Sprecher in Washington: „Es ist ein Fehler, da zu viel hineinzulesen. Das ist ein Kampf, eine Episode.“ Warren zeigte sich sicher: Iraks Armee und die von den USA geführte Koalition würden Ramadi zurückerobern.

Doch das ist eine sehr optimistische Sichtweise. Tatsächlich stellt die Niederlage der Armee in Ramadi nicht nur für die Regierung in Bagdad einen herben Rückschlag dar, sondern auch für Washington. Seit Monaten bombardieren die US-Luftwaffe und ihre Verbündeten IS-Stellungen im Irak, auch im Westen des Landes. Trotzdem konnten die Dschihadisten nach einer heftigen, aber nur wenige Tage dauernden Offensive die strategisch wichtige Provinzhauptstadt einnehmen und ihre schwarze Flagge auf allen Regierungsgebäuden hissen. Wieder einmal hat Iraks Armee bewiesen, dass sie dem IS nicht gewachsen ist.

Die von Sunniten bewohnte Provinz ist nun fast völlig unter Kontrolle der Dschihadisten. Noch heute ist der Hass vieler Sunniten im Irak auf die Schiiten groß, weil sie sich von der Regierung diskriminiert fühlen. Die angekündigte Operation zur Rückeroberung Ramadis dürfte die Gegensätze zwischen den beiden großen Konfessionen sogar noch verschärfen. Um gegen den IS in Ramadi vorzugehen, hat Bagdad schiitische Milizen mobilisiert. Auch wenn die Stammesführer in Al-Anbar dem Einsatz der Schiiten-Milizen zugestimmt haben, weckt dieser bei vielen Sunniten große Ängste. Als die schiitische Milizen im März den IS aus der sunnitischen Stadt Tikrit vertrieben, gab es danach Berichte über Übergriffe von Schiiten auf Sunniten.