Berlin/Jerusalem. 50 Jahre nach Aufnahme diplomatischer Beziehungen gilt die Partnerschaft als zukunftsfest – trotz einiger Differenzen

Deutschland und Israel wollen ihre Beziehung noch weiter ausbauen. Zum 50-jährigen Bestehen der diplomatischen Kontakte am Dienstag sprachen beide Seiten von einer besonderen Partnerschaft, die inzwischen nicht mehr allein aus dem Holocaust resultiere. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) plädierte in Berlin zugleich aber auch dafür, dass im Nahen Osten neben Israel ein eigener Palästinenserstaat entsteht. „Wir wollen, dass alle dort friedlich miteinander leben.“

Deutschland und Israel hatten am 12. Mai 1965 diplomatische Beziehungen aufgenommen. Das Jubiläum wurde in beiden Ländern gefeiert. Israels Präsident Reuven Rivlin mahnte bei seinem Staatsbesuch in Berlin: „Wir müssen in die Zukunft schauen, aber aus der Vergangenheit lernen.“

Beide Seiten verteidigten auch die Zusammenarbeit im militärischen Bereich. Merkel sagte in einer Diskussion mit Schülern: „Wir glauben, dass Deutschland Israel besonders unterstützen muss. Das nationalsozialistische Deutschland hat sechs Millionen Juden umgebracht. Die Juden waren sehr froh, dass sie nach dem Zweiten Weltkrieg einen Staat bekommen haben und damit eine Zuflucht. Aus dieser Verantwortung heraus machen wir das.“

Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu sagte nach einem Treffen mit Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) in Jerusalem, Deutschland habe „in Worten und Taten seine Verpflichtung gegenüber Israels Sicherheit bewiesen“. Erneut warnte er vor einem Abkommen im Atomstreit mit dem Iran. Deutschland sitzt mit am Verhandlungstisch. Die Verteidigungsministerin versprach: „Wir wissen, wir stehen zueinander. Daran wird sich nichts ändern.“

Die ersten Waffenlieferungen an Israel – damals noch geheim – gab es schon in den 1950er Jahren. Erst am Montag wurde ein Vertrag zum Kauf vier deutscher Kriegsschiffe im Wert von 430 Millionen Euro unterzeichnet, gut ein Drittel der Kosten trägt die Bundesregierung. Israel erhält aus Deutschland auch insgesamt sechs U-Boote, die mit Atomwaffen bestückt werden können. Vom Grundsatz, nicht in Spannungsgebiete zu liefern, macht die Bundesrepublik gegenüber Israel schon seit vielen Jahrzehnten eine Ausnahme.

Für Rivlin standen am Dienstag unter anderem Treffen mit Merkel, Bundespräsident Joachim Gauck und Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) auf dem Programm. Bei einem Festakt in der Philharmonie sagte Gauck, aus der deutsch-israelischen Partnerschaft sei inzwischen eine „tiefe Freundschaft“ geworden. „Es ist ein Wunder, was sich in den vergangenen 50 Jahren ereignet hat.“

In einem gemeinsamen Interview warnten die beiden Präsidenten vor Antisemitismus. „In der gesamten freien Welt – und vor allem Europa angesichts seiner gar nicht so fernen Vergangenheit – sollten die Alarmglocken ertönen“, sagte Rivlin der „Bild“-Zeitung und dem israelischem Blatt „Yedioth Ahronoth“. Gauck sagte, auch in Deutschland gebe es „teils als Kritik an Israel verbrämten, teils offenen Antisemitismus“. Die antisemitischen Ressentiments und antijüdischen Aggressionen in Teilen Europas bereiteten ihm sehr große Sorge.

Rivlin hob die verlässliche Partnerschaft Israels mit Deutschland hervor und würdigte den Weg Deutschlands nach der Nazi-Diktatur. „Deutschland ist heute ein Leuchtturm der Demokratie in der Welt.“

Gauck appellierte an die Bürger, Antisemitismus offen entgegenzutreten. Auch er würdigte die beiderseitigen Beziehungen, die „enger denn je“ seien. Der Bundespräsident sagte, er wünsche den Menschen in Israel, „dass ihr Land künftig sicher und in Frieden mit seinen Nachbarn leben kann. Dazu gehört für mich auch, einen friedlichen Weg für das Zusammenleben mit den Palästinensern zu finden. Grundlage dafür ist eine Zwei-Staaten-Lösung, davon bin ich überzeugt.“

In diesem Punkt sind sich beide Seiten uneins: Rivlin lehnt ebenso wie die neue rechts-religiöse Regierung unter Ministerpräsident Benjamin Netanjahu einen eigenen Palästinenserstaat ab.

Am heutigen Mittwoch besucht der Staatspräsident die schleswig-holsteinische Landeshauptstadt Kiel – unter schärfster Bewachung: Das Regierungsviertel wird abgeriegelt, die Förde für den privaten Schiffsverkehr gesperrt, mehr als 1500 Beamte und Angestellte der Landesregierung haben dienstfrei. Weit mehr als 1000 Polizisten aus mehreren Bundesländern werden im Einsatz sein. Wenn Landtagsabgeordnete arbeiten wollen, werden sie von Sicherheitsleuten ins Büro begleitet. Das Ganze sei hart am Rande des Hinnehmbaren, kritisierte SPD-Fraktionschef Ralf Stegner schon vor einigen Tagen. „Ich finde das schon bescheuert, das Parlamentsgebäude abzuriegeln.“ Sein CDU-Kollege Daniel Günther nannte Aufregung über die Einschränkung der Arbeitsmöglichkeiten an einem Tag dagegen „provinziell“. Rivlin wird von Ministerpräsident Torsten Albig (SPD) empfangen und die Universität besuchen. Der Besuch der Werft TKMS (ThyssenKrupp Marine Systems), die wichtigste Station, steht nicht im offiziellen Programm. Die Werft baut die U-Boote für Israel und ist auch der Vertragspartner für die Lieferung der vier Korvetten.