Edinburgh. Nationalpartei SNP fährt ein sensationelles Ergebnis ein. Unabhängigkeit wieder Thema?

Als Schottlands Nationalbewegung das Unabhängigkeits-Referendum knapp verlor und Alex Salmond als Vorsitzender der Nationalpartei zurücktrat, gab es nur eine logische Nachfolgerin: Nicola Sturgeon, bis dahin außerhalb Schottlands kaum bekannt, hat fast ihr ganzes Leben in den Dienst der sozialdemokratischen SNP gestellt. Die Chefin der Regionalregierung in Edinburgh machte im britischen Wahlkampf mit die meisten Schlagzeilen – obwohl sie gar nicht zur Wahl stand. Sturgeon wuchs in einfachen Verhältnissen im Südwesten Schottlands auf. Schon mit 16 trat die heute 44-Jährige der SNP bei. Der Kampf für nukleare Abrüstung hatte sie politisiert. Britische Atomwaffen abzuschaffen oder wenigstens aus Schottland zu verbannen, ist ihr großes Thema – neben Sozialpolitik und Schottlands Unabhängigkeit.

„Darum ging es bei dieser Parlamentswahl nicht“, stellte sie am Morgen danach klar. Doch ganz vom Tisch ist das Thema nicht – insbesondere, falls die Briten nach einem Volksentscheid die EU verlassen sollten. Dass die Nationalpartei 56 von 59 schottischen Wahlkreisen gewonnen hat, dürfte Rest-Großbritannien noch zu schaffen machen. Sturgeon gilt nun als „neue Königin der Schotten“.

Politikstudentin Mhairi Black, 20,wird jüngste Abgeordnete seit 1667

Was sie und ihre Partei in Schottland so konsensfähig macht, ist die bei radikalen Zielen stets versöhnliche Rhetorik. In einem ihrer ersten Tweets wandte sie sich an alle Schotten, die nicht SNP gewählt hatten: „Wir wollen auch euch möglichst gerecht werden und euer Vertrauen gewinnen.“ Das ist typisch für die Linie der SNP und damit auch von Nicola Sturgeon.

Und noch eine Frau macht in Schottland von sich reden: Die 20 Jahre alte Politikstudentin Mhairi Black wird als jüngste Abgeordnete seit 1667 in das britische Unterhaus einziehen. In ihrem schottischen Wahlkreis Paisley bekam die SNP-Kandidatin 51 Prozent der Stimmen und nahm damit ausgerechnet dem Wahlkampfmanager der Labour-Partei und Schatten-Außenminister von Ed Miliband, Douglas Alexander, das Direktmandat ab. Bei der Wahl 2010 hatte er den Wahlkreis noch mit 60 Prozent der Stimmen geholt, fünf Jahre später waren es dank Black nur noch knapp 18 Prozent. Nach ihrer Wahl dankte sie ihren Eltern und ihren Freunden. Sie sei schon immer politisch engagiert gewesen, es gehe ihr vor allem um soziale Gerechtigkeit. Ihren Erfolg erklärt sie so: „Ich denke, die Leute haben erkannt, dass dieses Westminster-Establishment ihnen nicht gedient hat.“