Ersten Prognose zufolge haben die Briten eindeutiger gewählt als gedacht. Es sieht nach einem Sieg für Premierminister Cameron aus.

London. Die britischen Konservativen um Premierminister David Cameron sind bei der Parlamentswahl in Großbritannien Prognosen zufolge stärkste politische Kraft geworden. Sie können nach einer am Donnerstag veröffentlichten Wählerbefragung für BBC, Sky und ITV 316 Abgeordnete ins Westminster-Parlament schicken, die oppositionelle Labour-Partei um Herausforderer Ed Miliband nur 239. Die absolute Mehrheit der 650 Sitze hätten sie damit nicht, im Vergleich zu 2010 hätte Cameron sein Ergebnis aber verbessert. Das Meinungsforschungsinstitut YouGov sah die Tories auch vorn, jedoch weniger deutlich.

Umfragen vor der Wahl hatten bis zum Wahltag ein Kopf-an-Kopf-Rennen vorausgesagt. Allerdings sind Landesweite Befragungen in Großbritannien wenig aussagekräftig, da nach britischem Wahlrecht nur die Abgeordneten ins Parlament einziehen, die in ihren Wahlkreisen direkt gewählt werden. Erste Wahlkreis-Ergebnisse wurden in der Nacht erwartet.

Die Liberaldemokraten, die bisher in einer Koalition mit den konservativen Tories an der Regierung beteiligt waren, müssen sich auf einen Rückschlag einstellen. Vor fünf Jahren erzielten sie mit 57 Abgeordneten-Plätzen ein gutes Ergebnis, nun werden es - den Prognosen zufolge - nur noch 10 bis gut 30. Parteichef Nick Clegg muss zudem um seinen persönlichen Wiedereinzug ins Parlament zittern. Trotzdem könnte es rechnerisch für eine Mehrheit des bisherigen Regierungslagers im Parlament reichen.

Erdrutschsieg für schottischen Nationalpartei SNP

Der schottischen Nationalpartei SNP gelang der Prognose zufolge ein Erdrutschsieg: Statt wie bisher sechs Abgeordnete könnte sie demnach gut 48 bis sogar 58 ins Londoner Parlament schicken. In Schottland wurden 59 Abgeordnete gewählt. Das Referendum über die schottische Unabhängigkeit, das die Nationalbewegung mit 45 Prozent verlor, hatte der sozialdemokratischen SNP Zulauf beschert - auch, weil danach im Norden die Enttäuschung über Camerons Regierung groß war. SNP-Chefin Nicola Sturgeon hatte das erklärte Ziel, die Konservativen von der Regierungsbank zu vertreiben. Sie selbst stand am Donnerstag nicht für ein Westminster-Mandat zur Wahl.

Die rechtspopulistische Ukip mit Parteichef Nigel Farage gewann laut Prognosen zwei Parlamentssitze. 2010 hatten nur 3,1 Prozent der Wähler ihr Kreuz bei Ukip-Kandidaten gemacht und kein Abgeordneter war ins Parlament eingezogen. Im Herbst waren zwei konservative Parlamentarier zu Ukip gewechselt, nachdem die EU-Gegner bei der Europawahl stärkste Kraft geworden waren. Ob Farage in seinem Wahlkreis gewinnt, ist offen - sollte er kein Mandat bekommen, will er als Parteichef zurücktreten.