Berlin. Die SPD will die Kandidatenfrage erst 2017 beantworten. Ein Thema ist sie in der Partei schon jetzt

Tritt SPD-Chef Sigmar Gabriel 2017 als Kanzlerkandidat an? Seitdem die „Bild“-Zeitung am Dienstag titelte: „Kanzler oder Klatsche“ , und – ohne Quellenangabe – berichtete, Gabriel habe sich entschieden, bei der nächsten Bundestagswahl gegen Angela Merkel zu kandidieren, blühen die Spekulationen in Berlin. Bei der SPD gibt man sich amüsiert, doch klar ist: Die K-Frage wird das Arbeitsklima in der Koalition schon bald verändern.

„Noch ist nichts offiziell – doch die Teilnehmer der Koalitionsrunde am Sonntagabend im Kanzleramt spürten die neue Entschlossenheit genau“, heißt es im „Bild“-Bericht. Und Gabriel habe den SPD-Vize Ralf Stegner vorgeschickt, die Union schärfer zu attackieren. Doch Stegner ist einer, der nicht zum Jagen getragen werden muss – er ist seit jeher unter den Genossen der schärfste Attackenreiter gegen CDU und CSU.

In der SPD-Zentrale verweist man belustigt auf einen „Bild“-Bericht von Ende März, in dem unter Verweis auf geheime SPD-Kreise gefragt wurde: „Wird Martin Schulz Kanzlerkandidat?“ Aber trotz aller Dementis – in der SPD wird die K-Frage durchaus intensiv diskutiert.

Schulz ist nach bisherigen Absprachen nur bis zum Jahreswechsel 2016/17 Präsident des EU-Parlaments. Er hatte als Spitzenkandidat einen passablen Europawahlkampf hingelegt. Er könnte eine herausgehobene Rolle auch vor der Bundestagswahl spielen. Aber fast die gesamte SPD-Führungsriege ist sich sicher: Diesmal muss Gabriel antreten. Sonst sähe es nach erneutem Kneifen vor Merkel aus. Seine innerparteiliche Stellung wäre massiv geschwächt. Fortdauernde Spekulationen, er fahnde nach einem Ersatzkandidaten, der sich eine Niederlage gegen Merkel abholt, sind aber auch nicht zuträglich. Gabriel selbst glaubt, dass Merkel 2017 wieder in den Ring steigt.

Will er, will er nicht? Selbst wenn Gabriel sich schon entschieden haben sollte, die offizielle Kandidatur wird möglichst erst wenige Monate vor der Wahl erfolgen. Aber es zeichnet sich ab, dass der Parteichef seine Taktik ändert, um sich warmzulaufen – Meinungsforscher raten der SPD zu klarer Kante.

Das erste Jahr in der Großen Koalition stand unter dem Motto: „Wir können regieren.“ Nun kommt die Konflikt- und Profilierungsphase. 2016 gibt es mehrere wichtige Landtagswahlen, im Frühjahr 2017 weitere drei – darunter im bevölkerungsreichsten Bundesland NRW. Das dürften entscheidungsarme, aber konfliktreiche Zeiten werden. Denn Gabriel muss aus der Großen Koalition heraus den Bürgern zeigen, dass er und die SPD es besser können als Merkel und die Union.

So etwas hat 2009 auch Frank-Walter Steinmeier probiert: Er fuhr mit 23 Prozent das schlechteste SPD-Ergebnis in der Geschichte der Bundesrepublik ein.