Brüssel. EU möchte Missbrauch einschränken, der in Europa Kosten von 155,8 Milliarden Euro verursacht

Ist das der Beginn einer neuen EU-weiten Gesetzgebung für Alkohol? Am heutigen Dienstag will das EU-Parlament in Straßburg einen Antrag beschließen, in dem die EU-Kommission aufgefordert wird, bis zum Jahresende einen neuen Gesetzesvorschlag gegen Alkoholmissbrauch vorzulegen.

Dabei haben die Abgeordneten schon klare Vorstellungen davon, wie die neue europäische Strategie gegen Alkoholmissbrauch aussehen soll. Wichtigste Forderung: Für unter 18- Jährige soll ein striktes Alkoholverbot gelten. So sieht es der Entschließungsantrag vor, der im zuständigen Parlamentsausschuss für öffentliche Gesundheit und Lebensmittelsicherheit verabschiedet wurde. Die europäischen Christdemokraten wollen ein Alkoholverbot unter 18 zwar noch im letzten Moment kippen, aber das war ihnen schon im Ausschuss nicht gelungen.

Wörtlich heißt es in dem EU-Dokument: „Das Europäische Parlament fordert die Mitgliedstaaten auf, ihre Bemühungen zum Schutz von Jugendlichen vor alkoholbedingten Schäden zu intensivieren, namentlich indem die derzeit geltenden Altersgrenzen auf ein Mindestalter von 18 Jahren angehoben werden und für verantwortungsvolle Werbung gesorgt wird.“ In Deutschland ist der Verkauf von Bier und Wein derzeit ab 16 Jahren gestattet.

Ziel der neuen EU-Strategie soll sein, den Missbrauch von Alkohol einzuschränken. Die direkten und indirekten Kosten, die dadurch in Europa allein in einem Jahr entstanden sind, beziffert der Bericht auf 155,8 Milliarden Euro. Zudem seien weltweit 3,3 Millionen Todesfälle auf den Missbrauch von Alkohol zurückzuführen – das sind immerhin knapp sechs Prozent aller Todesfälle.

Die Parlamentarier fordern darum auch – ähnlich wie auf Zigarettenschachteln –, Warnhinweise auf alkoholischen Getränken abzubilden. Sie sollen sich insbesondere gegen Alkohol am Steuer richten. Der einflussreiche Gesundheitsexperte im EU-Parlament, Peter Liese (CDU), sagte: „Besonders verbraucherrelevant scheint mir die Forderung nach einer europaweiten Gesetzgebung für Warnhinweise für Schwangere zu sein. Dieses Piktogramm mit einer durchgestrichenen Schwangeren auf der Flasche oder der Dose ist in manchen Ländern schon verpflichtend.“ Liese wendet sich aber gegen gesetzlich vorgeschriebene Mindestpreise für Alkohol. In dem Antrag des EU-Parlaments heißt es dazu, die Mitgliedsländer sollten prüfen, ob der „Verkauf sehr günstigen Alkohols“ unterbunden werden sollte.

Die Abgeordneten wollen am Dienstag auch beschließen, dass künftig auf alkoholischen Getränken „Angaben zu Zutaten und Nährwerten“ bereitgestellt werden. „Das Europäische Parlament vertritt die Auffassung, dass die Verbraucher über Zutaten und Nährwerte informiert werden sollten.“

Umstritten ist, inwieweit sich die EU grundsätzlich in die nationale Gesetzgebung zum Alkohol einschalten kann. Die Parlamentarier legen den Geltungsanspruch europäischer Gesetze jedenfalls großzügig aus. Liese betont aber, dass die neue Entschließung Alkoholkonsum nicht generell verurteilt: „Ich bin der festen Überzeugung, dass man Alkohol nicht verteufeln darf und Alkohol in keiner Weise mit Tabak zu vergleichen ist. In unserem Antrag wird anerkannt, dass gemäßigter Alkoholkonsum nicht zwangsläufig im Gegensatz zu einer gesunden Lebensführung stehen muss.“