Helsinki. Hohe Arbeitslosigkeit dürfte dazu geführt haben, dass ein Millionär Ministerpräsident in Helsinki wird

Bei der Parlamentswahl in Finnland zeichnet sich ein Regierungswechsel ab. Ersten Hochrechnungen zufolge lag am Sonntag Abend die oppositionelle Zentrumspartei mit dem Vorsitzenden Juha Sipilä, einem ehemaligen Unternehmer, mit 23,2 Prozent der Stimmen vorn. Damit wäre sie auf Koalitionspartner angewiesen. Dafür kämen die beiden aktuellen Regierungsparteien, die konservative Nationale Sammlungspartei von Ministerpräsident Alexander Stubb und die Sozialdemokraten, sowie die euroskeptische Partei Die Finnen infrage.

Die Koalitionsverhandlungen könnten sich aber wegen der zahlreichen Optionen über mehrere Wochen hinziehen. Die konservative Nationale Sammlungspartei kommt laut den Hochrechnungen auf 17,9 Prozent, die Sozialdemokraten vereinigen 17,7 Prozent der Stimmen auf sich. Die Finnen stehen mit 15,8 Prozent der Stimmen an vierter Stelle. „Wir hätten besser abschneiden können, aber ich bin zuversichtlich, dass wir heute noch mehr Stimmen bekommen“, sagte Parteichef Timo Soini am Sonntag. An einer künftigen Regierung unter Millionär Sipilä könnten die Finnen beteiligt sein: Eine Zusammenarbeit mit den einwanderungs- und Euro-kritischen Rechtspopulisten hatte der 53 Jahre alte frühere Geschäftsmann nicht ausgeschlossen. Die Partei der Finnen fordert unter anderem einen Austritt Griechenlands aus dem Euro.

Mehr als die Diskussion um Finanzhilfen hatten aber die darbende finnische Wirtschaft und die Spannungen mit Russland die Debatten im Wahlkampf bestimmt. Die Arbeitslosenquote liegt mit zehn Prozent auf dem höchsten Stand seit zehn Jahren, jedoch noch niedriger als in der gesamten Eurozone, in der aktuell 11,3 Prozent der Menschen ohne Job dastehen.

Die wirtschaftliche Situation in Finnland hängt vor allem mit dem Niedergang von Nokia zusammen. Der finnische Technologie-Konzern zog im Rennen um Smartphones gegen Apple und Samsung den Kürzeren und verkaufte im vergangenen Jahr seine kränkelnde Mobiltelefonsparte an Microsoft. Zudem hat der wichtige Forstwirtschaftssektor wegen zunehmender Digitalisierung mit einer sinkenden Nachfrage nach Papierprodukten zu kämpfen.

Ministerpräsident Stubb hat sich für drastische Budgetkürzungen ausgesprochen, um die steigenden Schulden unter Kontrolle zu bekommen. Sein Rivale Sipilä hält Stubbs Pläne, in den kommenden vier Jahren die erwarteten Haushaltsdefizite um sechs Milliarden Euro zu verringern, allerdings für unrealistisch. „Wir glauben, drei Milliarden sind genug“, sagte Sipilä während der abschließenden TV-Debatte der Parteichefs am Donnerstagabend. Stubb sagte dagegen dem finnischen Nachrichtensender MTV News: „Ich denke, unsere ökonomische Basis, unser Sozialsystem, ist ausreichend stabil. Jetzt müssen wir Wachstum und Jobs schaffen.“ Der millionenschwere Unternehmer Sipilä, der in der Informationstechnologie sein Geld verdient hat, ist erst vor vier Jahren in die Politik gegangen. Seine Partei repräsentiert vor allem Landbesitzer, Bauern und Förster.