Berlin. Gegner eines Tarifeinheitsgesetzes halten es für verfassungswidrig

Bei ihrem umstrittenen Plan zur Eindämmung des Einflusses kleiner Spartengewerkschaften wie der von Lokführern und Piloten steht der Regierung neuer Ärger ins Haus. Der Wirtschaftsflügel der Union fordert eine Verschärfung des dafür geplanten Gesetzes zur Tarifeinheit, das derzeit im Bundestag beraten wird. Einen entsprechenden Brief sendete der Wirtschaftsflügel an Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) und CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt.

Darin machen Fraktionsvize Michael Fuchs, der Wirtschaftspolitiker Joachim Pfeiffer und die Mittelstandspolitiker Christian Freiherr von Stetten sowie Carsten Linnemann (alle CDU) „erheblichen Verbesserungsbedarf“ geltend. Für Wirtschaftsbereiche der Daseinsvorsorge – dazu zählen die Autoren den Luft- und Bahnverkehr, die Energie- und Wasserversorgung, Erziehungswesen und Kinderbetreuung – wird eine allgemeine Beschränkung des Streikrechts gefordert. In diesen Bereichen solle ein „obligatorisches Schlichtungsverfahren“ vorgeschrieben werden. Erst nach einem Scheitern der Schlichtung wären Streiks erlaubt. „Die Unzulässigkeit von Arbeitskampfmaßnahmen zur Durchsetzung eines nicht anwendbaren Tarifvertrags sollte im Gesetz selbst geregelt werden – und nicht in der Begründung versteckt werden“, so die Politiker. „Alles andere wäre eine ,Mogelpackung’.

Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) verzichtet in ihrem Gesetzentwurf, der am 22. Mai vom Bundestag verabschiedet werden soll, auf eine direkte Einschränkung des Streikrechts. Wenn zwei Gewerkschaften in einem Betrieb dieselbe Beschäftigtengruppe vertreten, soll im Streitfall aber künftig nur der Tarifvertrag der Gewerkschaft mit den meisten Mitgliedern im Betrieb gelten. Gerichte könnten daher Arbeitskämpfe der Minderheitsgewerkschaft verbieten.

Gegner einer gesetzlichen Regelung der Tarifeinheit, wie etwa die Berufsgewerkschaften Marburger Bund und die Pilotenvereinigung Cockpit, werfen ihr allerdings vor, in der Praxis laufe ihr Gesetzesvorhaben auf eine Einschränkung des Streikrechts hinaus. Deshalb sei das Gesetz verfassungswidrig. So argumentiert etwa der CDU-Abgeordnete Rudolf Henke, der gleichzeitig Chef der Ärztegewerkschaft Marburger Bund ist.