Berlin.

Die Kritiker hatten vor „Stigmatisierung“ von Langzeitarbeitslosen und einer „Zwei-Klassen-Gesellschaft“ am Arbeitsmarkt gewarnt; die Befürworter versprachen sich eine Brücke in die Beschäftigung: Für Arbeitslose, die länger als ein Jahr ohne Job sind, gilt der Mindestlohn erst nach sechs Monaten. Die Regelung galt von Anfang an als hoch umstritten. Nun zeigt sich: Sie wird kaum genutzt. Der prophezeite Ansturm der Arbeitgeber auf Unter-Mindestlohn-Jobber blieb aus.

„Der befürchtete Drehtüreffekt ist nicht eingetreten“, sagte der Vorstand der Bundesagentur für Arbeit (BA), Heinrich Alt. „Es gab ja die Befürchtung, Arbeitgeber könnten Langzeitarbeitslose einstellen, nach sechs Monaten wieder entlassen und neue Langzeitarbeitslose einstellen. Wir sehen bislang nichts von alledem.“

Arbeitslose können sich ihre Langzeitarbeitslosigkeit von Jobcentern bescheinigen lassen, wenn sie ein Beschäftigungsangebot haben. Es gebe aber so gut wie keine Nachfrage von Langzeitarbeitslosen nach solchen Bescheinigungen für ihre potenziellen Arbeitgeber, erklärte Alt. Auch die Nachfrage bei Arbeitgebern gibt es nicht: „Es ist auch nicht so, dass sich nun zahlreiche Arbeitgeber bei uns melden und sagen, sie wollten unterhalb des Mindestlohns Langzeitarbeitslose einstellen.“

Wer einen Langzeitarbeitslosen einstellt, könnte statt 8,50 Euro pro Stunde nur 5,70 Euro zahlen. Vor allem die Arbeitgeber hatten diese Regelung gefordert, um die Hürden für den Einstieg in das Arbeitsleben für Personen nach langen Jahren der Arbeitslosigkeit zu senken. Gewerkschaften und Opposition hatten dagegen auf einen Mindestlohn ohne „Ausnahmen und Schlupflöcher“ gepocht.