Berlin.

Noch nie hat es in Deutschland so viele Ärzte gegeben wie heute – dennoch warnen die Mediziner vor wachsendem Ärztemangel. Nach einer neuen Statistik der Bundesärztekammer arbeiten derzeit mehr als 365.000 Mediziner in der Bundesrepublik. Die Zahl der bei den Landesärztekammern gemeldeten ärztlich tätigen Mediziner sei im vergangenen Jahr um 2,2 Prozent gestiegen, teilte die Kammer am Dienstag in Berlin mit.

Ärztepräsident Frank Ulrich Montgomery sagte: „Dieses leichte Plus reicht bei Weitem nicht aus, um die Lücken in der medizinischen Versorgung zu schließen.“ So wollten junge Ärzte neben dem Beruf auch Freizeit und Zeit für die Familie. Das Bedürfnis nach festen Arbeitszeiten und flexiblen Arbeitszeitmodellen sei bei jungen Medizinern gewachsen. „Immer mehr von ihnen entscheiden sich für eine Anstellung und gegen die Niederlassung.“

Die Zahl der angestellten Ärzte im ambulanten Bereich sei binnen rund 20 Jahren von etwa 5400 auf gut 26.300 gestiegen. Der Frauenanteil habe sich um mehr als 35 Prozent auf 45 Prozent erhöht. Mehr Ärzte als früher arbeiteten auch in Teilzeit – oder gar nicht in ihrem Beruf. 23 Prozent der niedergelassenen Ärzte planten, bis zum Jahr 2020 ihre Praxis aufzugeben.

Der Bedarf steigt laut Bundesärztekammer aber. Der Anteil der Menschen über 79 Jahren wachse bis 2060 von fünf auf etwa 13 Prozent. Mit dem Alter nehme auch die Wahrscheinlichkeit von Krankheiten zu. Die Ärztekammer zitierte die Unternehmensberatung Roland Berger, nach der in den deutschen Krankenhäusern bis 2030 etwa 111.000 Ärzte fehlten. Laut Krankenhaus-Statistik arbeiteten zuletzt 143.000 Mediziner in den 2000 Kliniken. Der Spitzenverband der Krankenkassen sieht Deutschland von einem allgemeinen Ärztemangel dagegen „weit entfernt“. Es sei jedoch eine Gemeinschaftsaufgabe, dafür zu sorgen, dass die Ärzte auch dort zu finden seien, wo sie gebraucht würden, sagte ihr Sprecher Florian Lanz.