Moskau. Verkauf des Abwehrsystems S-300 war 2010 gestoppt worden. Nach Einigung im Atomstreit fällt das Verbot

Nach der Grundsatzeinigung im Atomstreit zwischen der internationalen Gemeinschaft und dem Iran hat Russland ein seit fünf Jahren geltendes Lieferverbot für das Raketenabwehrsystem S-300 an die Regierung in Teheran aufgehoben. Präsident Wladimir Putin machte am Montag per Dekret den Weg für das Geschäft mit der Islamischen Republik frei.

Der Vertrag war im Jahr 2010 im Zusammenhang mit dem Streit um das iranische Atomprogramm aufgrund westlichen Drucks annulliert worden. Die USA und Israel hatten seinerzeit argumentiert, die Raketen könnten zum Schutz der iranischen Atomanlagen eingesetzt werden. Israel sieht sich vom Iran bedroht und hält sich deswegen Luftangriffe auf iranische Atomanlagen als Option offen.

Das noch zu Sowjetzeiten entwickelte russische Raketensystem S-300 kann mit präziser Lenktechnik gegnerische Flugzeuge oder Raketen zerstören. Dazu ortet zunächst eine mobile Radarstation das Objekt. Dann rasen Raketen mit einem speziellen Erfassungssystem und mit bis zu 200 Kilometern Reichweite Richtung Ziel. Das System besteht aus mehreren auf Tiefladern montierten Anlagen.

Der Iran hatte im Jahr 2007 in Russland Luftabwehrraketen im Gesamtwert von 800 Millionen US-Dollar (heute etwa 750 Millionen Euro) bestellt. 2010 verbot der damalige Präsident Dmitri Medwedew die Lieferung aber. Er begründete dies mit Sanktionen des Uno-Sicherheitsrats, die eine Lieferung moderner Waffen an den Iran untersagen. Auch Russland hatte dafür gestimmt. Teheran verklagte Moskau daraufhin wegen Vertragsbruchs auf vier Milliarden Dollar Schadenersatz. Eine Klage, die sich nun erledigt haben dürfte.

Russland kündigte am Montag zugleich den Beginn der Lieferung von Weizen, Ausrüstung und Baumaterialien an den Iran an. Dies verstoße nicht gegen geltende Sanktionen, sagte Vizeaußenminister Sergej Ryabkow. Im Gegenzug liefert der Iran Erdöl nach Russland.

Russland ist entschlossen, sich für den Fall einer endgültigen Einigung über das iranische Atomprogramm und dem Ende der internationalen Sanktionen eine gute Ausgangsposition in den Wirtschaftsbeziehungen zur Islamischen Republik zu schaffen. Der Iran hatte sich Anfang des Monats mit den fünf Uno-Vetomächten (USA, Russland, China, Frankreich, Großbritannien) und Deutschland auf Eckpunkte für ein solches Abkommen verständigt, das bis Ende Juni endgültig stehen soll. Die Regierung in Teheran hat stets Vorwürfe zurückgewiesen, unter dem Deckmantel der friedlichen Nutzung der Kernenergie an der Entwicklung von Atomwaffen zu arbeiten.

In der US-Hauptstadt Washington beginnt nach Ende der zweiwöchigen Osterpause des Parlaments derweil die nächste Runde im innenpolitischen Streit um die Atomvereinbarung mit dem Iran: Angeführt vom republikanischen Senator Bob Corker will der Auswärtige Ausschuss des Senats am heutigen Dienstag über ein Gesetz beraten, das das geplante Atomabkommen noch torpedieren könnte. Die US-Regierung versucht vehement, die Pläne der Opposition zu stoppen.

Das Gesetz sieht vor, dass Präsident Barack Obama den Text des Abkommens an den Kongress übermitteln muss und den Großteil der Sanktionen gegen den Iran 60 Tage lang nicht aufheben darf. Genau die Aufhebung dieser Strafmaßnahmen sind aber eine wichtige Kernzusage der USA, um den Iran zu den geforderten Einschnitten bei seinem Nuklearprogramm zu bewegen. Falls der Kongress innerhalb dieser 60 Tage gegen das Abkommen stimmt, wäre es faktisch gescheitert.

Zuletzt hatte Obama Gegnern des ausgehandelten Rahmenabkommens vorgeworfen, das Vertrauen in ihre eigene Regierung im Ausland zu untergraben. Damit sei eine „Linie überschritten“ worden, sagte Obama nach dem Amerika-Gipfel in Panama-Stadt. Für Kritik sorgte insbesondere ein Brief von 47 republikanischen Senatoren an den höchsten Führer des Irans, Ajatollah Ali Chamenei. Darin hatten die Oppositionspolitiker gewarnt, „der US-Regierung nicht zu trauen“, sagte Obama. Viele Republikaner, aber auch eine Reihe von Demokraten fordern ein Mitspracherecht vor dem Inkrafttreten einer endgültigen Atomvereinbarung.

Außenminister John Kerry drängte am Montag darauf, den vom Republikanern beherrschten Kongress von der Gesetzesinitiative abzuhalten. Hinter verschlossenen Türen sollte er die Abgeordneten über den jüngsten Stand der Verhandlungen in Kenntnis setzen. „Wir haben uns das Recht verdient, dies Abkommen ohne Störung abzuschließen, und sicherlich ohne Parteipolitik“, sagte Kerry dem TV-Sender CBS. Am Dienstag wollte er vor der Sitzung im Auswärtigen Ausschuss auch mit Senatoren sprechen. Er werde dort alle Fakten offenlegen, sagte Kerry.

Der US-Außenminister reist daher auch mit Verspätung zu dem am heute beginnenden Treffen der G7-Außenminister in Lübeck an. Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) habe großes Verständnis dafür, dass Kerry erst am Mittwoch anreise, da diese Anhörung im Kongress auch weltpolitisch von großer Bedeutung sei, sagte der Sprecher des Auswärtigen Amtes, Martin Schäfer, am Montag. Kerry werde in Lübeck über den aktuellen Stand berichten. Schäfer sagte, die Bundesregierung sei mit der Vereinbarung mit dem Iran sehr zufrieden und hoffe, bis Juni zu einem abschließenden Ergebnis zu kommen.