North Charleston. Neuer Fall von Amtsgewalt gegen einen Afroamerikaner rüttelt die USA auf

Nach dem neuen Fall tödlicher Polizeigewalt gegen Schwarze ist es in North Charleston zu Protesten gekommen. Die befürchteten Ausschreitungen blieben jedoch aus. Der nach seinen Todesschüssen auf einen Unbewaffneten wegen Mordes angeklagte Polizist wurde inzwischen entlassen. Ein Passant hatte zufällig die Tat des weißen Polizisten Michael Slager mit seinem Handy gefilmt. Der 33 Jahre alte Beamte hatte am Sonnabend achtmal auf den flüchtenden Walter Scott gefeuert. Fünf Kugeln trafen das Opfer in den Rücken. Slager muss voraussichtlich an diesem Freitag vor Gericht erscheinen. Zuletzt hatten in den USA bereits mehrere Fälle von Polizeigewalt gegen Afroamerikaner Proteste ausgelöst.

In North Charleston, der drittgrößten Stadt South Carolinas, leben etwa 100.000 Menschen. Knapp die Hälfte der Bevölkerung ist schwarz, die Polizei besteht zu 80 Prozent aus Weißen. Die Stadt bestellte nach Angaben von Bürgermeister Keith Summey Körperkameras für die knapp 350 Polizisten der Gemeinde, um ihre Arbeit transparenter zu machen. Summey hatte zuvor zusammen mit dem städtischen Polizeichef Eddie Driggers die Angehörigen des getöteten Schwarzen besucht.

Zeuge wollte Video schon löschen. Nach dem Polizeibericht machte er es publik

Inzwischen meldete sich auch der Urheber des Handyvideos zu Wort. Bevor er die Aufnahme startete, hätten der Polizist und der 50 Jahre alte Afroamerikaner eine körperliche Auseinandersetzung gehabt, sagte der 23-jährige Mann dominikanischer Abstammung dem TV-Sender NBC. „Sie waren auf dem Boden. Ich erinnere mich, dass der Polizist die Kontrolle über die Situation hatte.“ Das Opfer habe nur weglaufen wollen und sei keine Bedrohung gewesen. Er habe kurz überlegt, das Video zu löschen. Er habe sich jedoch entschieden, die Aufnahmen publik zu machen, nachdem er den Polizeibericht über den Vorfall las, der nicht mit den Tatsachen übereinzustimmen schien.

Nach den Todesschüssen auf den vierfachen Familienvater hatte sich der Polizist auf Notwehr berufen. Er habe um sein Leben gefürchtet, weil der Mann ihm nach einer Verkehrskontrolle seine Elektroschock-Waffe entrissen habe. In dem Video scheint es aber so, als habe er seinen Elektroschocker erst nach den Schüssen neben den 50-Jährigen gelegt. Mittlerweile hat auch die Bundespolizei FBI mit Ermittlungen begonnen.