Berlin. Antidiskriminierungsstelle legt Gutachten vor. Rassistische Motive nicht immer vermerkt

Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes schlägt vor, in der polizeilichen Kriminalstatistik Hasskriminalität künftig gesondert zu erfassen. Auf diese Weise sollten alle Delikte aufgeführt werden, die aufgrund eines Vorurteils begangen werden, heißt es in einem Rechtsgutachten, das von der Antidiskriminierungsstelle in Auftrag gegeben und am Dienstag veröffentlicht wurde. Die Erfassung solle unabhängig von der politischen Einstellung des Täters erfolgen.

In dem Gutachten, das Dieter Kugelmann von der Deutschen Hochschule der Polizei in Münster erarbeitet hat, wird außerdem vorgeschlagen, bei den Staatsschutzdienststellen der Polizei Kontaktpersonen einzusetzen und das Thema Hasskriminalität verstärkt in die Aus- und Fortbildung von Polizei und Justiz einfließen zu lassen. Die Leiterin der Antidiskriminierungsstelle, Christine Lüders, bekannte sich zu den Ergebnissen des Gutachtens. „Wenn wir Hasskriminalität wirksam bekämpfen wollen, müssen wir bereits in dem Moment ansetzen, in dem die Polizei eine Straftat erfasst und einordnet“, erklärte sie.

Zentralratspräsident bekräftigt die Forderung nach einem Verbot der NPD

Der Bundestag hatte im März ein Gesetz beschlossen, demzufolge rassistische, fremdenfeindliche und sonstige menschenverachtende Motive bei der Strafzumessung künftig besonders berücksichtigt werden sollen. Damit zog das Parlament die Konsequenzen aus der Mordserie des rechtsextremen NSU. Die Vorgänge von Tröglitz hatten die Debatte über Hasskriminalität neu entfacht. Mit dem jetzt unterbreiteten Vorstoß zur Kriminalstatistik „ließen sich greifbare Verbesserungen in der Verfolgung vorurteilsgeleiteter Taten erzielen“, erklärte Lüders. Im Polizeialltag werde das Verständnis von Hasskriminalität zu stark auf eine politische Motivation verengt. Das führe häufig dazu, dass der rassistische Hintergrund von Straftaten gar nicht erfasst werde.

Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, verlangt, Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus als „bundesweite Phänomene“ zu betrachten. Deshalb müssten sie auch „bundesweit“ bekämpft werden, sagte Schuster dem „Tagesspiegel“. „Die erschreckenden Vorfälle in Tröglitz zeigen exemplarisch, dass Politik und Gesellschaft im Kampf gegen den Rechtsextremismus nicht nachlassen dürfen“, so Schuster. Als „sehr wichtigen und absolut notwendigen Schritt“ bekräftigte der Zen­tralratspräsident die Forderung nach einem Verbot der NPD. Der Zentralrat gehe davon aus, „dass die Länder die notwendigen Beweise erbringen können, die das Bundesverfassungsgericht eingefordert hat“.