Berlin . Der Frage, ob das 2013 von der Koalition verkündete Ziel bis zum Jahr 2020 erreicht werden kann, weicht das Bundeskabinett aus

Der Koalitionsvertrag ist eindeutig: „Am Ziel, eine Million Elek­troautos in allen unterschiedlichen Varianten für Deutschlands Straßen bis zum Jahr 2020, wollen wir festhalten.“ Das schrieben Union und SPD 2013. Doch jetzt, zwei Jahre später, drückt sich die von dieser Koalition getragene Bundesregierung bei dem Thema auffällig gewunden aus. Dabei wurde das Wirtschaftsministerium ausdrücklich darauf angesprochen, in einer Kleinen Anfrage der Grünen. Die wollten unter anderem wissen: „Erachtet die Bundesregierung ihr Ziel, dass bis zum Jahr 2020 eine Million Elektroautos auf deutschen Straßen fahren, weiterhin als realistisch, und durch welche Maßnahmen will sie sicherstellen, dieses Ziel zu erreichen?“

Doch in der Antwort des Ministeriums wird die Frage nach dem Realismus der Zielsetzung nicht beantwortet. Kein Ja, kein Nein. Stattdessen nur eine aus einer anderen Passage des Koalitionsvertrages entnommene Formulierung, bei der Elektromobilität habe man „sich das Ziel gesetzt, dass Deutschland im Jahr 2020 Leitanbieter und Leitmarkt ist“. Es folgt eine Auflistung von Unterstützungsmaßnahmen. Aber das Ziel von einer Million im Jahr 2020 kommt nicht mehr vor. Das Ziel zu erreichen dürfte auch schwer werden. Aktuell sind hierzulande 24.000 Elektroautos zugelassen. Deutschland hat also noch 97,6 Prozent des Elektromobilitätsweges vor sich. Dass die Regierung da nicht gern über 2020 spricht, lässt sich verstehen.

Zumal die Antwort weiter zeigt, wie schwer sich die Regierung bei der nutzerfreundlichen Ausgestaltung der Elektromobilität tut. So sprachen die Grünen ein Problem an, worüber das ZDF-Magazin „Wiso“ berichtete: Strom für Elektroautos an öffentlich zugänglichen Ladestationen zu tanken, kann extrem teuer werden und das Vierfache dessen kosten, was man für Strom im Haushalt bezahlen muss. Ein Grund dafür ist, dass die Energieunternehmen, die jene Stationen betreiben, die Fahrer durch Verträge an sich binden wollen. Wer aber keinen Vertrag hat, muss beim einmaligen Aufladen bis zu fünf Euro pro Ladestunde zahlen. Dass solcherart nach Stunden berechnet wird, also rein nach der Zeit, ist der andere Grund für hohe Preise. Denn bei vielen Elektroautos dauert das Laden lange, oft mehr als drei Stunden. Wenn dann aber fünf Euro pro Stunde anfallen, entstehen Kosten, die weit über den Preisen des Sprits für Verbrennungsmotoren liegen.

Aber einen Überblick über die Tarife hat das Wirtschaftsministerium von Sigmar Gabriel (SPD) nicht. Der Regierung, so die Antwort, „liegen keine belastbaren statistischen Daten zu Durchschnittspreisen an den Ladesäulen für Elektrofahrzeuge vor“. Der Markt sei „erst im Aufbau begriffen“, die Preise könnten „variieren“. Doch sei für die Nutzer an den Ladesäulen erkennbar, wie teuer es wird, „sodass eine hinreichende Kontrollmöglichkeit gegeben“ sei. Daten fehlen dem Ministerium auch bei der Frage, wie viele Elektroautos nur langsam geladen werden können, wie viele schneller und welche der Ladestandards zu ihnen jeweils passen. Das kann es schwierig machen, beim geplanten Ausbau der öffentlichen Ladestationen – derzeit sind es 4800 – dem technischen Bedarf der Autos gerecht zu werden.

Die Regierung vermag zudem nicht zu sagen, wann es möglich ist, die Ladestationen der verschiedenen Betreiber mit nur einer Abrechnungskarte („E-Roaming“) zu nutzen. Mitgeteilt wird lediglich, es fänden „seit einigen Monaten intensive Gespräche zwischen verschiedenen Anbietern statt, um die Vernetzung der Plattformen mit dem Ziel eines übergreifenden E-Roamings voranzutreiben“. Doch könne „nicht abgeschätzt werden, wann flächendeckend mit nur noch einer Ladekartentechnologie getankt werden kann“.