Berlin.

Ver.di-Chef Frank Bsirske rechnet nach Ostern mit massiven Protesten gegen die von der Bundesregierung geplante Sonderabgabe auf alte Kohlekraftwerke. Die von Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) vorgeschlagene Abgabe bedrohe bis zu 100.000 Arbeitsplätze, sagte Bsirske. Denn diese Pläne würden die Gefahr eines tief gehenden Strukturbruchs im Braunkohlerevier in der Lausitz und im rheinischen Revier bergen.

Gabriel und Kanzlerin Angela Merkel (CDU) wollen bis 2020 unbedingt das Ziel von 40 Prozent weniger klimaschädlichen CO2-Emissionen im Vergleich zu 1990 einhalten. Bisher sind 27 Prozent erreicht. Bis 2020 sollen die Kraftwerk-Emissionen neben bereits geplanten Maßnahmen um zusätzliche 22 Millionen Tonnen Kohlendioxid gemindert werden. Dafür plant Gabriel eine Klimaabgabe beim Überschreiten eines CO2-Freibetrags für mehr als 20 Jahre alte fossile Kraftwerke.

Bei einer Ausweitung des Kraft-Wärme-Kopplung-Anteils auf 25 Prozent, wie dies im Koalitionsvertrag von Schwarz-Rot bestätigt worden sei, wäre laut Bsirske eine Einsparung von 20 bis 30 Millionen Tonnen CO2 möglich. Allerdings würde dies die Umlage auf den Strompreis erhöhen. „Um das zu vermeiden, wird das CO2-Ziel korrigiert und werden 100.000 Arbeitsplätze – 30.000 direkt und 70.000 indirekt – sowie tief gehende Strukturbrüche in den Kohleregionen riskiert. Ich halte das für hoch problematisch.“ Der Ver.di-Chef verwies auf durch die Energiewende ohnehin angeschlagenen Energie-Unternehmen wie RWE, denen weitere Milliardenbelastungen allein aus Restrukturierungsausgaben im Zusammenhang mit der Braunkohle drohten. „Da sind wir noch gar nicht bei den Sozialplankosten, wenn Tausende entlassen werden.“

Gabriel schrieb kurz vor Ostern an die Betriebsräte betroffener Unternehmen: „Die Beschäftigten in der Lausitz und im rheinischen Revier haben schlicht Angst um ihre Arbeitsplätze.“ Die Regierung spiele Arbeit und Klimaschutz nicht gegeneinander aus. Er kündigte einen Dialog an.

Die Grünen haben den Vorstoß Bsirskes scharf kritisiert. Der Vorschlag Gabriels sei „richtig, aber nicht radikal“, sagte Niedersachsens Umweltminister Stefan Wenzel (Grüne). „Die Braunkohle muss einen niedrigen Prozentsatz einsparen. Da von Strukturbruch zu sprechen ist abenteuerlich.“ Wenzel: „Die größte Gefahr für diese Branche ist nicht eine vernünftige Umweltpolitik, sondern die mangelhafte Kreativität ihrer Manager.“