Berlin. Unternehmen spenden jedes Jahr Millionen Euro an Parteien. Kritiker bezeichnen das als verdeckte Einflussnahme

Nando Sommerfeldt
Holger Zschäpitz

Rund 640.000 Euro gingen an die CSU, 150.000 Euro an die FDP. Die SPD erhielt 50.000 Euro, die Grünen bekamen 35.000 Euro. Kein anderer Verband und kein Unternehmen überwies im Wahljahr 2013 eine derart hohe Summe. Jeden zehnten Euro, der an die deutschen Parteien floss, gab der Verband der Bayerischen Metall- und Elektroindustrie aus, im Namen ihrer Mitglieder. Für das Ziel, deren „Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten und auszubauen – in Bayern, Deutschland, Europa und weltweit“.

Ein lauteres Ziel, schließlich ist es die Aufgabe eines Verbandes, die Anliegen seiner Mitglieder zu verfechten. Und zur Lobbyarbeit gehört offenbar auch die Parteispende. 2,15 Millionen Euro überwiesen Deutschlands Verbände 2013 an die Politik. Nie zuvor waren derart genaue Summen verfügbar. Mehr als 6,2 Millionen Euro kamen von einzelnen Firmen. Damit konnten CDU, CSU, FDP, SPD, Grüne und Linke insgesamt Zuwendungen in Höhe von 8,4 Millionen Euro verbuchen. Kleckerbeträge, verglichen mit den Summen, die in US-Wahlkämpfen kursieren. Präsident Barack Obama etwa durchbrach 2012 die Milliardengrenze.

In den USA lagen Demokraten und Republikaner nahezu gleichauf. In Deutschland hingegen sind die Spenden höchst ungleich verteilt. Unter den größten Empfängern tauchen nur drei Kürzel auf: CDU, CSU und FDP. Schwarz-Gelb. Jene Parteien, die als besonders unternehmerfreundlich gelten. 3,4 Millionen erhielt die CDU, 2,1 Millionen die CSU. Die FDP, obwohl im Bundestag nicht mehr vertreten, bekam 1,6 Millionen Euro – etwa doppelt so viel wie die SPD. Den Sozialdemokraten überwiesen Deutschlands Unternehmen und Verbände 840.000 Euro, den Grünen 343.000. Die Linke bekam 60.000 Euro, allerdings weder von einem Unternehmen noch von einem Verband, sondern aus dem eigenen Haus: von dem Verein der Bundestagsfraktion die Linke.

Rechnet man nicht nur die Spenden von Firmen und Verbände ein, sondern auch die von Einzelpersonen, erhielten die Bundestagsparteien 2013 rund 68 Millionen Euro. Die höchsten Zuwendungen bekam mit 30,8 Millionen Euro die CDU, dahinter liegen die SPD mit 15 Millionen Euro und die CSU mit 14,6 Millionen. Die Grünen kassierten fünf Millionen Euro, die Linke 2,6 Millionen. Spenden können Personen und Unternehmen. Bei allen Parteien kommen die meisten Geldgeschenke von Personen. Der größte Teil wird jedoch nicht erfasst: Die Listen weisen nur Zuwendungen aus, die höher als 10.000 Euro sind.

Die Transparenzorganisation abgeordnetenwatch.de kritisiert, dass Unternehmen, Lobbyverbände und wohlhabende Privatpersonen im Wahljahr 2013 mehr als zwei Millionen Euro Parteispenden an Union und SPD verschleiert hätten. Allein die CDU erhielt 1,5 Millionen Euro an bislang unbekannten Großspenden. Ein Drittel davon stamme aus dem Umfeld der Deutschen Vermögensberatung AG. Abgeordnetenwatch.de-Sprecher Martin Reyher fordert, Zuwendungen von Unternehmen und Lobbyverbänden an politische Parteien ganz zu verbieten. „In einer Demokratie darf politischer Einfluss nicht vom Geld abhängen“, so Reyher.

Die wichtigsten Spender kommen aus jenen Branchen, die der Staat stark reguliert. Die er in schnellem Takt mit neuen Gesetzen und Verordnungen konfrontiert. Die viel zu gewinnen haben – und viel zu verlieren, wenn sie nicht gute Lobbyarbeit betreiben. 1,7 Millionen Euro zahlte die Finanzindustrie, eine Branche, die die deutsche Politik beäugt wie keine zweite. Vor allem Versicherer setzen auf Parteispenden. Alle großen Namen finden sich unter den Gönnern, von der Allianz über die Münchener Rück bis zu Ergo und den R+V Versicherungen. Wohl kein Zufall, schließlich hat die Politik zuletzt weitreichende Änderungen bei Lebensversicherungen vorgenommen. Unter den Banken sind vor allem private Institute wie Berenberg oder Metzler vertreten. Die großen Geldhäuser, die Deutsche Bank etwa oder die Commerzbank, spendeten 2013 nicht. Die Finanzbranche schätzt vor allem die FDP. Allein die Industriebeteiligungsfirma R+W überwies den Liberalen 200.000 Euro – das ist die zweitgrößte Einzelspende des Jahres. Womöglich war sie ein Vertrauensbeweis, vielleicht auch eine Hilfe für die anstehenden harten Zeiten. Das Geld erreichte die Partei erst nach den Wahlen – nachdem die Abgeordneten den Bundestag längst verlassen hatten.

Weitere Großspender sind Unternehmen des Pharma- und Gesundheitssektors (455.000 Euro) sowie der Konsum- und Lebensmittelindustrie (etwa eine Million Euro). Zu den wichtigen Geldgebern zählt auch die Rüstungsindustrie, eine Branche, die von Aufträgen des Staates lebt – und von dessen Wohlwollen, wenn es um Waffenlieferungen in andere Länder geht. 230.000 Euro zahlten die Rüstungsfirmen Rheinmetall und Krauss-Maffei Wegmann sowie das Luftfahrtunternehmen EADS.

Auch in anderen Branchen scheint die Parteispende zum guten Ton zu gehören. Mit Ausnahme von Volkswagen überwiesen die bedeutenden Autokonzerne und ihre Zulieferer Geld an die Parteien, zusammen etwa 800.000 Euro, selbst an die Grünen. BMW und Daimler sind die größten Geber.

Dass Parteispenden wirken, ist in den USA gut erforscht. Die amerikanische Beratungsfirma Strategas Research Partners hat den Nutzen von Politikbeeinflussung für die Geschäfts- und Börsenentwicklung ausgerechnet. Seit 2002 haben die Aktien der stärksten Einflüsterer den breiten Aktienindex S&P 500 um elf Prozentpunkte geschlagen. Jahr für Jahr.