London. Die Taktik der britischen Konservativen überrascht Beobachter. Kopf-an-Kopf-Rennen mit Opposition

Großbritannien bekommt einen neuen Premierminister. Sollte David Cameron bei der Parlamentswahl am 7. Mai nicht abgewählt oder wegen eines schlechten Wahlergebnisses aus dem Amt gejagt werden, bestellt er spätestens 2020 den Umzugswagen in die Downing Street.

Die Ankündigung Camerons, im Falle einer Wiederwahl nicht mehr für eine dritte Amtszeit zur Verfügung zu stehen, dürfte selbst seine engsten Berater überrascht haben. Die Folgetage verbrachten sie mit dem Versuch, den Schaden mitten im Wahlkampf zu begrenzen. „Der Premierminister hat nur eine ehrliche Antwort auf eine direkte Frage gegeben“, sagte etwa Cameron-Atlatus Michael Gove.

Sechs Wochen vor der Parlamentswahl auf der Insel ist die politische Situation unklar. Meinungsforscher halten den Ausgang der Wahl für „völlig unvorhersagbar“. Für keine der großen Parteien wird es nach Lage der Dinge zu einer absoluten Mehrheit reichen, möglicherweise geht nicht einmal der Plan einer Zweier-Koalition auf. Die Labour-Opposition von Ed Miliband und Camerons konservative Tories liegen in den Umfragen Kopf an Kopf – und die Nerven der Protagonisten blank. So hatte Cameron kürzlich mit seiner Weigerung für Kopfschütteln gesorgt, ein Fernsehduell gegen Herausforderer Ed Miliband zu bestreiten.

Camerons Versuch eines Befreiungsschlags durch kontrollierten Rückzug blieb nicht der einzige wahltaktische Schachzug seiner Regierung. Am Dienstag überraschte Verteidigungsminister Michael Fallon mit der Ankündigung, er sehe eine argentinische Bedrohung für die Falklandinseln und wolle zwei weitere Hubschrauber auf der Inselgruppe im Südatlantik stationieren. Kritiker witterten den Versuch, mit Kriegsrhetorik zu punkten, wie einst Margaret Thatcher Rückenwind aus dem Falkland-Krieg erhielt.

Rückenwind, den die Konservativen bitter nötig haben. Sollte sich die Großwetterlage im politischen Großbritannien nicht noch deutlich ändern, könnte Cameron nach dem 7. Mai ohne Koalitionspartner dastehen. Die Liberaldemokraten, die nach Prognosen wohl nur noch ein gutes Drittel bis die Hälfte ihrer gegenwärtig knapp 60 Sitze halten werden, sind womöglich zu schwach, um die Tories über die 50-Prozent-Marke bei den Sitzen zu hieven. Und ein weiterer potenter Partner ist nicht in Sicht. Im Gegenteil: Mit der schottischen Unabhängigkeitspartei SNP könnte ein Stachel im Pelz der Briten zur drittstärksten Kraft werden.

Alex Salmond, die graue Eminenz der SNP, kündigte schon einmal an, seine Leute würden eine etwaige Minderheitsregierung von Camerons Tories torpedieren. Das war praktisch die Ansage einer Zusammenarbeit mit Labour – wie eng auch immer.