Brüssel. Mehr als 9500 Tote und eine zu spät eingesetzte Hilfe: Bei der Ebola-Konferenz in Brüssel mit 600 Delegierten wurde Bilanz gezogen.

Wenn es um die Ebola-Seuche geht, scheut Ernest Bai Koroma keine starken Worte. „Das Ebola-Virus hat einen Krieg gegen die Menschheit geführt“, sagt der Präsident von Sierra Leone. Sein Land gehört mit Liberia und Guinea zu den Hauptleidtragenden der Epidemie. Bei einer Konferenz in Brüssel berieten er und Delegierte aus fast 70 Ländern über das weitere Vorgehen im Kampf gegen die Krankheit.

Die Präsidenten der von Ebola erschütterten Länder Westafrikas haben dabei dringend vor Ermüdungserscheinungen im Kampf gegen das tödliche Virus gewarnt. Die vollständige Ausrottung der Seuche sei eine schwierige Aufgabe, mahnte etwa der Präsident von Guinea, Alpha Condé, bei der Konferenz am Dienstag in Brüssel.

„Es ist einfacher von 100 (Krankheitsfällen) auf zehn zu kommen als von zehn auf null“, sagte Condé. Die Krankheit habe jedoch auch Folgen für Landwirtschaft und Handel. Schulen wurden geschlossen, Familien zerstört. Überlebende kämpften mit Spätfolgen wie Blindheit oder Schmerzen – von den psychischen Folgen ganz zu schweigen. Ebola hat in Guinea, Sier­-
ra Leone und Liberia nach offiziellen Zahlen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) bisher mehr als 9500 Tote gefordert, Verdachtsfälle eingeschlossen.

„Unsere drei Länder beginnen über die tödliche Krankheit zu triumphieren, die die Souveränität jedes unserer Länder bedroht hat“, sagte Liberias Präsidentin Ellen Johnson Sir­leaf. Inzwischen sinke die Zahl neuer Infektionen, es gehe also allmählich aufwärts. „Wir sind jedoch noch nicht aus dem Schneider“, sagte Sirleaf. Es seien weitere Anstrengungen nötig, damit es irgendwann keine neuen Ansteckungen gebe.

„Wir sollten nicht glauben, dass das Schlimmste vorbei ist“, sagte auch die EU-Außenbeauftragte Federica Mo­gherini, die die Konferenz mit mehr als 600 Delegierten mit einer Schweigeminute eröffnete.

Bei der Konferenz geht es um eine Zwischenbilanz im Kampf gegen Ebola und um eine Abstimmung über das weitere Vorgehen – auch bei der tatsächlichen Auszahlung in Aussicht gestellter Gelder. Die internationale Gemeinschaft hat nach Angaben der EU-Kommission bisher 4,9 Milliarden Dollar (etwa 4,38 Mrd. Euro) zugesagt. Davon seien ungefähr 2,4 Milliarden Dollar (knapp 2,15 Mrd. Euro) bereits ausgezahlt worden.

Experten schätzen, dass die Folgen der Krankheit die vor allem betroffenen Länder Libera, Sierra Leone und Guinea um fünf bis zehn Jahre zurückgeworfen hat. Die Weltbank geht davon aus, dass den Staaten infolge der Epidemie im laufenden Jahr mindestens ­1,6 Milliarden Dollar (knapp 1,43 Milliarden Euro) an wirtschaftlichem Wachstum entgeht.

Neue Finanzzusagen wurden bei der Konferenz in Brüssel nicht erwartet. Das Vorgehen gegen Ebola soll aber bei weiteren internationalen Zusammenkünften wie der Frühjahrstagung der Weltbank Mitte April Thema sein. Keith Hansen von der Weltbank kritisierte, dass es Monate gedauert habe, bis die internationale Antwort auf Ebola Fahrt aufnahm. „Hilfsmittel sollten innerhalb von acht Stunden beginnen zu fließen, nicht innerhalb von acht Monaten“, sagte Hansen bei der Konferenz am Dienstag.

Im Rückblick auf den in der Anfangsphase stockenden Kampf sagte der Ebola-Beauftragte der Bundesregierung, Walter Lindner: „Da müssen wir alle Lehren draus ziehen, vor allem, dass wir zu spät dran waren.“ Lindner wies darauf hin, dass es vor der aktuellen Epidemie bereits zahlreiche regionale Ausbrüche von Ebola gegeben habe – jeweils mit vergleichsweise wenig Toten. In dieser Dimension sei Ebola „eine globale und weltgeschichtliche Neuheit“. Nur die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen habe rasch reagiert. Das Wichtigste sei, dass die internationale Gemeinschaft bei der nächsten Krise schneller reagiere, betonte Lindner.

Natalia Alonso von der Entwicklungsorganisation Oxfam mahnte, dass jetzt Geld etwa in sauberes Wasser und Hygiene fließen müsse. Der Präsident von Sierra Leone, Ernest Koroma, meinte: „Wir müssen unser Gesundheitssystem stärken, wir müssen unsere Schulen wieder öffnen.“ Er hoffe auch auf einen Schuldenerlass für seinen Staat. Seine Kollegin aus Liberia brachte eine Art Marschallplan ins Spiel, also einen regionalen Aufbauplan mit finanzieller Unterstützung.

Am 20. und 21. Juli will die Afrikanische Union eine Konferenz zum Wiederaufbau in Äquatorialguinea organisieren, wie der Sozialkommissar der Regionalorganisation, Mustapha Sidiki Kaloko, ankündigte. Bei dem Treffen soll es um Investitionen in Gesundheitssysteme und die Vorbereitung auf ähnliche Ausbrüche gehen.