Laut einer Umfrage des „NDR“ ist der Zustand der Atommüllfässer nicht nur in Brunsbüttel besorgniserregend. Auch die Menge des radioaktiven Abfalls könnte sich verdoppeln, berichtet die „SZ“.

Hamburg/München. Deutschland wird in den nächsten Jahrzehnten voraussichtlich deutlich mehr Atommüll entsorgen müssen als bislang angenommen. Allein die Menge des schwach- und mittelradioaktiven Abfalls, für den bei Salzgitter derzeit das Endlager Schacht Konrad errichtet wird, könnte sich verdoppeln, berichtet die „Süddeutsche Zeitung“ am Dienstag unter Berufung auf einen Entwurf des „nationalen Entsorgungsplans“, den die Bundesregierung mit den Ländern abstimmt.

Bislang wurde für Schacht Konrad eine Abfallmenge von 298.000 Kubikmetern Atommüll prognostiziert, meist aus dem Abriss der Atomkraftwerke. Stattdessen gehe der Bund nun „von einer Gesamtmenge der zu entsorgenden Abfälle mit vernachlässigbarer Wärmeentwicklung von rund 600.000 Kubikmetern“ aus, zitiert das Blatt aus dem Entwurf.

Darin zählt der Bund dem Bericht zufolge erstmals auch Abfälle aus der Urananreicherungsanlage in Gronau als Atommüll mit. Dessen Betreiber Urenco lagere dort derzeit 13.000 Tonnen sogenannte Urantails, die bei der Anreicherung übrig blieben. Bislang seien diese Mengen stets als „Wertstoffe“ durchgegangen, aus denen sich noch Kernbrennstoffe fertigen ließen. Dagegen rechne der Bund in dem Entsorgungsplan, den die EU-Kommission verlangt, nun mit bis zu 100.000 Kubikmetern Atommüll allein aus der Urananreicherung.

Weitere 200.000 Kubikmeter kämen hinzu, wenn das marode Salzbergwerk Asse II bei Wolfenbüttel geräumt wird. Wohin der Zusatzmüll gehen soll, sei offen. Ziel seien zwei Endlager, berichtet die „SZ“ unter Berufung auf den Entsorgungsplan: Schacht Konrad für Abfälle, die wenig Wärme entwickeln, sowie ein zweites für den „heißen“, in Castoren gelagerten Atommüll. Mit der Suche danach befasst sich derzeit eine Bund-Länder-Kommission, nicht vor 2031 wird es einen Standort dafür geben.

Mehr als 2000 verrostete Fässer entdeckt

Die Grünen begrüßten den Entwurf. Die „ehrliche Einbeziehung“ der Urenco-Abfälle sei „sehr positiv“, sagte die Atomexpertin Sylvia Kotting-Uhl der Zeitung. Nötig sei nun, die Anreicherung in Gronau ganz zu beenden.

Unterdessen hat eine Umfrage des NDR Politikmagazins „Panorama 3“ (Dienstag, 21.15 Uhr, NDR Fernsehen) ergeben, dass es Deutschlandweit deutlich mehr Fälle beschädigter Atommüllfässer gibt als bislang angenommen. Befragt wurden alle 16 Bundesländer. Demnach sollen fast 2000 entdeckte Fälle von verrosteten oder anderweitig beschädigten Behältern mit Atommüll in den vergangenen Jahren an deutschen Kernkraftwerken sowie in Zwischenlagern und Landessammelstellen verzeichnet worden sein. Die zuletzt im Kernkraftwerk Brunsbüttel entdeckten Rostfässer mit Atommüll bilden demnach nur einen kleinen Teil der problematischen Altlasten.