Auch die unbekannte Nachfolgerin von Ex-Superstar Karl-Theodor zu Guttenberg holte ein Mandat. Michelle Müntefering ersetzt ihren Mann.

Hamburg/Berlin. Einige konnten jubeln, andere mussten Federn lassen: Die Berliner Politprominenz hat höchst unterschiedliche Erfahrungen mit dieser Bundestagswahl gesammelt. Souverän siegte Finanzminister Wolfgang Schäuble in seinem Wahlkreis. In Offenburg holte der 71-Jährige 56,04 Prozent der Erststimmen. Schäuble steuert damit im Bundestag auf einen Rekord zu. Der in Offenburg lebende Minister ist der dienstälteste Abgeordnete im Bundestag. Er gehört dem Parlament seit knapp 41 Jahren an.

Michelle Müntefering zieht mit einem Direktmandat für die SPD in den neuen Bundestag ein. Im Wahlkreis Herne-Bochum II holte die Frau des früheren SPD-Chefs Franz Müntefering bei der Bundestagswahl 48,6 Prozent der Stimmen.

Die 33-jährige ausgebildete Kinderpflegerin und Journalistin ist seit frühester Jugend in der SPD aktiv. Bereits mit 19 Jahren trat sie in die Partei ein. In Herne ist Michelle Müntefering seit 2004 Stadtverordnete im Stadtrat, wo sie für die Bildungspolitik zuständig ist.

Während Michelle Müntefering künftig im Bundestag sitzt, verlässt ihr rund 40 Jahre älterer Ehemann das Parlament. Franz Müntefering war 1975 erstmals in den Bundestag eingezogen und war dort einer der prominentesten Sozialdemokraten.

Auf Baron Karl-Theodor zu Guttenberg folgt in Franken Königin Emmi I.: Die 26-jährige Emmi Zeulner konnte den 2009 mit einem Rekordergebnis vom Ex-Verteidigungsminister gewonnenen Wahlkreis Kulmbach erneut für die CSU gewinnen.

Die Krankenschwester, die bis 2007 in ihrer für die Korbmacherei bekannten Heimatstadt Lichtenfels Korbstadtkönigin Emmi I. war, holte eine deutliche Mehrheit von 56,9 Prozent der Erststimmen.

Zeulner verpasste mit ihrer Stimmenzahl zwar das Ergebnis Guttenbergs, der bei der vergangenen Wahl mit 68,1 Prozent deutschlandweit das beste Ergebnis geholt hatte. Aber bei ihrer ersten Kandidatur konnte die junge CSU-Politikerin eine stärkere Abwendung enttäuschter Wähler nach der Plagiatsaffäre Guttenbergs verhindern.

Auch der entlassene Umweltminister Norbert Röttgen (CDU) holte in Nordrhein-Westfalen sein Direktmandat im Rhein-Sieg-Kreis.

In München Süd setzt sich wieder Peter Gauweiler (CSU) durch. Der Eigenbrötler der Christsozialen holte 43,4 Prozent der Erststimmen.

Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) hat in seinem Wahlkreis Traunstein als Direktkandidat deutlich zugelegt. Er erreichte 62,6 Prozent, was einen Zuwachs von 8,0 Prozentpunkten gegenüber der Wahl vor vier Jahren bedeutet.

Deutschland bekommt eine neue Bundesfamilienministerin: Amtsinhaberin Kristina Schröder erklärte noch am Wahlabend trotz des Sieges ihrer CDU ihren Rücktritt. „Ich habe mich entschieden, für das nächste Kabinett nicht wieder als Ministerin zur Verfügung zu stehen“, schrieb sie am Sonntagabend auf ihrer Homepage. „Ich möchte zukünftig mehr Zeit für meine Familie haben, vor allem für meine Tochter Lotte. Sie wolle aber als Bundestagsabgeordnete weiterarbeiten.

SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück hat kein Direktmandat für den Bundestag gewonnen. Im Wahlkreis Mettmann unterlag er wie vor vier Jahren der CDU-Kandidatin Michaela Noll. Steinbrück erhielt am Sonntag nach Angaben der Stadt Mettmann 33,3 Prozent der Erststimmen, für Noll stimmten 50,6 Prozent der Wähler. Als Nummer eins auf der nordrhein-westfälischen Landesliste der SPD hat Steinbrück ein Bundestagsmandat aber sicher.

Der Grünen-Politiker Hans-Christian Ströbele hat zum vierten Mal in Folge das Direktmandat im Berliner Wahlkreis Friedrichshain-Kreuzberg geholt. Der 74-Jährige büßte nach den Zahlen der Landeswahlleiterin aber Stimmen ein. Der Grüne erhielt 36,7 Prozent der Erststimmen – zehn Prozentpunkte weniger als vor vier Jahren. Ströbele behält in seinem Wahlkreis aber großen Abstand zu den Kandidaten von Linkspartei, SPD und CDU.

Grünen-Bundeschef Cem Özdemir hat seine Niederlage als Direktkandidat im Wahlkreis Stuttgart eingestanden. „Ich gratuliere Stefan Kaufmann von der CDU zum Direktmandat“, erklärte er am Sonntagabend. „Gegen den Merkel-Bonus und den Bundestrend war schwer anzukommen.“ Özdemir wird über die Landesliste trotzdem in den Bundestag einziehen. Nach Auszählung von 201 der 216 Wahlbezirke kam Kaufmann auf 41,9 Prozent. Özdemir brachte es danach auf 27,4 Prozent.

Der CDU-Rebell und langjährige Bundestagsabgeordnete Siegfried Kauder muss den Bundestag verlassen. Der 62-Jährige scheiterte im Wahlkreis Schwarzwald-Baar mit seiner Einzelkandidatur. Ihm gelang es nicht, das Direktmandat zu erringen.

Siegfried Kauder, Bruder von Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU), holte nach Angaben des Kreiswahlamtes lediglich 3,0 Prozent der über das Direktmandat entscheidenden Erststimmen.

Das Direktmandat und damit den Einzug in den Bundestag sicherte sich der Kandidat der CDU, der Donaueschinger Oberbürgermeister und Vize-Chef der Landes-CDU, Thorsten Frei (40). Auf ihn entfielen 56,7 Prozent der Erststimmen.

Pikant: Der Ex-Bundesbildungsministerin (CDU) haben die Plagiatsaffäre und der Wirbel um ihren Doktortitel nicht geschadet: In ihrem Wahlkreis Ulm/Alb-Donau steuerte sie völlig problemlos erneut auf das Direktmandat zu – mit großem Vorsprung vor der SPD-Linken Hilde Mattheis.