Caroline Kennedy soll den Posten in Japan bekommen – obwohl sie keine diplomatischen Erfahrungen hat. Auch Opa Kennedy war Botschafter.

Washington. Sie spielte als Kind im Oval Office, von dem aus der amerikanische Präsident seine Amtsgeschäfte führt. Dann musste Caroline Kennedy als Fünfjährige auf ihre erste Beerdigung. Ihr Vater John F. Kennedy war 1963 in Dallas erschossen worden. Der Hoffnungsträger einer ganzen Generation und einer legendären Familie. Jetzt soll Caroline Kennedy im Auftrag von US-Präsident Barack Obama eine diplomatische Mission erfüllen: Die 55-Jährige wird US-Botschafterin in Japan.

Obama nominierte sie trotz fehlender außenpolitischer Erfahrung. Doch selbst die japanische Regierung zeigte sich erfreut über den Schritt und sah darin einen Beleg für die engen Beziehungen mit dem Verbündeten USA. Caroline Kennedy ist Anwältin und arbeitet als Autorin und Verlegerin. Sie zählte zu den ersten Unterstützern Obamas während seiner Präsidentschaftskandidatur für die Demokraten. In den USA ist es üblich, auch wichtige Botschafterposten an Prominente zu vergeben.

Der US-Senat muss der Personalie noch zustimmen. Offene Kritik an Kennedy gab es in den USA nicht – ganz anders als 2008, als sie erwogen hatte, für den Senatorenposten in New York zu kandidieren. Die dreifache Mutter zog sich damals schließlich zurück.

In den USA ist der Glanz der Kennedy-Dynastie auch 50 Jahre nach der Ermordung von John F. Kennedy nicht verblasst. Nach dem Unfalltod ihres Bruders John Jr. 1999 ist außer ihr niemand mehr von John F. Kennedys Familie am Leben. Allerdings ist die weitverzweigte Familie nach wie vor politisch aktiv.

Japan sehe die Personalie mit „großer Wertschätzung“, weil sie den „hohen Stellenwert“ verdeutliche, den Obama seinem Verbündeten beimesse, erklärte das Außenministerium in Tokio. Tatsächlich war der Posten in Japan traditionell ein Amt, das an hochkarätige US-Vertreter ging, darunter Ex-Vizepräsident Walter Mondale. Obamas Wahl während seiner ersten Amtszeit, John Roos, der dem Präsidenten im Wahlkampf als Geldbeschaffer gedient hatte, war in Japan zunächst eher zurückhaltend aufgenommen worden.

Obama habe Kennedy ausgewählt, weil er den Erwartungen Japans nach einem prominenten Vertreter gerecht werden wollte, sagte Weston Konishi, Leiter der Asien-Pazifik-Abteilung am Institut für Außenpolitik-Anlayse. „Ich bin sicher, dass sie in Japan eine sehr populäre Figur sein wird.“ Angesichts der Spannungen in Ostasien und insbesondere mit der Großmacht China hätten allerdings einige in Tokio es wohl auch lieber gesehen, wenn Obama jemanden nominiert hätte, der bereits Erfahrungen in der Außenpolitik habe.

Carolines Großvater Joseph P. Kennedy begründete den Ruhm der Familie. Er machte an der Börse ein Vermögen und verdiente in der Prohibitionszeit Millionen mit dem Brennen und Schmuggeln von Alkohol. 1937 wurde er US-Botschafter in London. Dort vertrat er die Einschätzung, dass von Hitler-Deutschland keine Gefahr ausgehe.

Sein erstgeborener Sohn Joseph Patrick, der von ihm für das Präsidentenamt vorgesehen war, fiel im Zweiten Weltkrieg. John Fitzgerald Kennedy, zweitgeborener Sohn und Kriegsheld, wurde 1960 als erster Katholik zum Präsidenten gewählt und 1963 in Dallas ermordet. Auch Senator Robert Kennedy, der seinem Bruder als Justizminister diente, kam 1968 durch ein Attentat ums Leben. Edward Kennedy, der jüngste der vier Brüder, musste nach einem von ihm verursachten tödlichen Verkehrsunfall seine Ambitionen auf das Präsidentenamt aufgeben. Der 2009 gestorbene Repräsentant des linken Flügels der Demokraten rückte 1962 für seinen Bruder John in den Senat nach. Nach seiner ersten regulären Wahl 1964 wurde er sieben Mal wiedergewählt.