Israel reagiert hart auf die UN-Anerkennung Palästinas, bekommt aber selbst internationalen Druck zu spüren. Mit der Ankündigung neuer Siedlungspläne erntet Jerusalem weltweit heftige Kritik.

Tel Aviv. Israels Ankündigung neuer Siedlungspläne wirkte wie eine Trotzreaktion auf die UN-Anerkennung Palästinas – und rief heftige diplomatische Proteste hervor. Seine Botschafter in London, Paris und Stockholm müssen in den Außenministerien ihrer verärgerten Gastländer Rede und Antwort stehen. Die umstrittenen Baupläne bei Ost-Jerusalem könnten einen „fast tödlichen Schlag“ für eine Zwei-Staaten-Lösung in Nahost bedeuten, warnte UN-Generalsekretär Ban Ki Moon.

Nach Moskau gab es am Montag auch aus Berlin ungewöhnlich scharfe Kritik an Israels Vorgehen. Kanzlerin Angela Merkel wolle dem israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu bei einem Treffen in Berlin am Donnerstag die Leviten lesen, berichtete die israelische Zeitung „Haaretz“ unter Berufung auf einen deutschen Diplomaten. Das Thema Siedlungsbau soll auch bei deutsch-israelischen Regierungskonsultationen zur Sprache kommen, zu denen Netanjahu am Mittwochabend im Kanzleramt erwartet wird.

Warum ist die internationale Reaktion auf Siedlungspläne Israels diesmal besonders heftig ausgefallen? Die Palästinenser wollen im arabischen Ostteil Jerusalems die Hauptstadt ihres künftigen unabhängigen Staates errichten. Die Pläne zum Bau von bis zu 3000 Wohneinheiten in einem Gebiet zwischen Ost-Jerusalem und der Siedlung Maalei Adumim, das „E1“ genannt wird, drohen diesen Traum jedoch endgültig zu zerstören. „Dies ist das einzige Gebiet, das einen Ausbau Ost-Jerusalems als künftige Hauptstadt ermöglichen würde“, sagt der palästinensische Experte Chalil Toufaki. „Eine jüdische Besiedelung würde diesen Plan zunichte machen.“

Die ursprüngliche Idee des israelischen „E1“-Plans war es, eine jüdisch besiedelte Verbindung zwischen Jerusalem und dem östlich davon gelegenen Maalei Adumim herzustellen. Das hügelige Gebiet, das etwa zwölf Quadratmeter umfasst, ist bisher kaum bewohnt. Die Palästinenser fürchten, ein neuer Siedlungsblock könnte das Westjordanland in zwei Teile trennen. „Er würde das Westjordanland in Norden und Süden aufteilen und die Verbindung abschneiden, so dass die Idee eines zusammenhängenden und lebensfähigen Palästinenserstaates faktisch gestorben wäre“, meint Toufaki.

Frühere Regierungen hatten den Plan auf internationalen Druck eingefroren. Nach Angaben von „Haaretz“ hat auch Netanjahu – wie seine beiden Vorgänger – zu Beginn seiner Amtszeit der US-Regierung versprochen, nicht in „E1“ zu bauen. Doch aus Zorn über die Anerkennung Palästinas als Beobachterstaat durch die Vereinten Nationen hat seine rechtsorientierte und siedlerfreundliche Regierung den alten Bauplan doch wieder „aufgetaut“.

„Wer in E1 baut, sagt damit, dass er nicht wirklich an eine Zwei-Staaten-Lösung in Nahost glaubt“, sagte der israelische Friedensaktivist Schaul Arieli am Montag. „Die Regierung verursacht unnötigen, schweren politischen Imageschaden“, meint Arieli, ein Oberst der Reserve.

Viele halten die israelische Bauankündigung jedoch für ein reines Wahlkampfmanöver Netanjahus vor dem Urnengang am 22. Januar und glauben gar nicht an eine Umsetzung. „Mir und meinen Nachbarn ist klar, dass hier überhaupt nichts passieren wird“, sagte Rinat, eine Siedlerin aus Maale Adumim, der israelischen Nachrichtenseite ynet. „Wenn sie wirklich wollte, hätte die Regierung hier schon lange gebaut, aber sie hat zu viel Angst vor (US-Präsident Barack) Obama.“