Ex-Bundespräsident Christian Wulff meldet sich mit einer Rede zurück. In Heidelberg geht es um sein Lieblingsthema, die Integration.

Heidelberg. Als Christian Wulff pünktlich auf die Minute den Saal betritt, kommt nur zögerlich Applaus auf. Dafür bricht ein Blitzlichtgewitter über den früheren Bundespräsidenten herein. In den neun Monaten seit seinem Rücktritt als Bundespräsident hat sich Wulff in der Öffentlichkeit rar gemacht. In Heidelberg, fernab des politischen Trubels der Hauptstadt Berlin, hält er am Mittwochabend seine erste öffentliche Rede in Deutschland seit seinem Rückzug. Zu seinem Rücktritt und den Ermittlungen gegen ihn schweigt er.

Stattdessen spricht er erst einmal über den Fußball, über Deutschlands 4:4 vor einigen Wochen gegen Schweden. Als Beispiel für gelungene Integration sei die Nationalmannschaft sicher „nicht unbedingt originell“, räumt er selbst ein. Damit ist er aber bei seinem Thema: Die Integration, ein Schwerpunkt seiner kurzen Amtszeit.

Es ist eine sehr präsidiale Rede, die das ehemalige Staatsoberhaupt vor etwa 250 Zuhörern hält. Es geht um die Toleranz gegenüber anderen Kulturen, es geht um den Respekt vor anderen Religionen. Es geht insgesamt um „Deutschland, unser Land“, das alle zusammen gestalten müssten.

Wulff erzählt, wie betroffen ihn die ausländerfeindlichen Morde des NSU-Terrortrios gemacht hätten. Er beklagt die Ermittlungspannen der Behörden. „Vertrauen ist zerstört worden“, sagt er. Beleuchtet aber auch die Herausforderungen der Integration, etwa Kriminalität oder Arbeitslosigkeit bei Ausländern. „Wir müssen in der Lage sein, auch über die Probleme zu sprechen.“

Nach seinem Rücktritt im Februar hatte sich Wulff zunächst fast völlig zurückgezogen, mit der Öffentlichkeit kommunizierte er seitdem - wenn überhaupt – nur über seinen Anwalt. Nach wie vor laufen Ermittlungen gegen den früheren niedersächsischen Ministerpräsidenten wegen des Verdachts der Vorteilsannahme. Es geht um die Frage, ob der CDU-Politiker sich von einem Unternehmer Reisen zahlen ließ, ob er Politisches mit Privatem vermischte.

Schmaler ist Wulff seit seinem Rücktritt geworden, das wurde schon festgestellt, als er im Juli erstmals wieder auf einer Veranstaltung in Berlin auftauchte. In den vergangenen Wochen gab es dann Auftritte in Südkorea und Italien, weitgehend unter Ausschluss der Öffentlichkeit.

Schon als Wulff noch Bundespräsident war, wurde die Einladung nach Heidelberg ausgesprochen. „Eine einmal ausgesprochene Einladung gilt“, sagt Johannes Heil, Prorektor der Hochschule für Jüdische Studien, die die Heidelberger Hochschulreden veranstaltet. Und er erinnert daran, dass Wulff Träger des Leo-Baeck-Preises 2011 des Zentralrates der Juden ist.

Nach dem etwa 45-minütigen Vortrag von Wulff hat erst einmal kein Zuhörer eine Frage. Als dann doch noch jemand etwas zum Betreuungsgeld wissen will, blockt Wulff weitestgehend ab. Er wolle auch nach seinem Rückzug als Präsident „staatspolitisch verantwortlich agieren“ und nicht die Tagespolitik kommentieren, sagt er. Ansonsten befinde er sich noch „in der Lernphase als verhältnismäßig junger Alt-Präsident“.