Die Abstimmung der Grünen endete mit einer herben Niederlage für die Parteichefin. Jetzt will sie gemeinsam mit dem Spitzenduo Katrin Göhring-Eckardt und Jürgen Trittin für die Ablösung der Regierung Merkel kämpfen.

Berlin. Parteichefin will Claudia Roth bleiben – trotz der Niederlage bei der Urwahl. Sie sei aus der Partei dazu gedrängt worden, sagte sie am Montag in Berlin. Das Wahlkampf-Spitzenduo Katrin Göring-Eckardt und Jürgen Trittin begrüßte den Schritt und kündigte einen entschlossenen gemeinsamen Kampf für die Ablösung der Regierung Merkel an. Angesichts der anhaltenden Spekulationen über Schwarz-Grün rief die SPD die Grünen zu einem klaren Bekenntnis zu den Sozialdemokraten auf. Die Union wandte sich gegen ein Bündnis mit den Grünen.

Roth hatte bei der Urwahl der Grünen-Spitzenkandidaten mit nur 26,2 Prozent am schlechtesten von den vier bekannten Bewerbern abgeschnitten und daraufhin über einen Rückzug nachgedacht. „Es geht jetzt in erster Linie nicht um mich und um meine Enttäuschung, sondern es geht um etwas Wichtigeres“, sagte sie zu ihrer jetzt getroffenen Entscheidung. Zweifel und große Zerrissenheit hätten sie durchgerüttelt.

„Da war Licht und Schatten“, sagte die 57-Jährige. Der Mitgliederentscheid sei ein Erfolg gewesen. „Ich würde immer wieder für eine Urwahl eintreten.“ Roth hatte sie auf den Weg gebracht. Das Ergebnis sei aber eine herbe Klatsche und eine bittere Enttäuschung. Roth: „Direkte Demokratie, das kann auch mal schief gehen.“

Doch so viel Zuspruch wie am Wochenende nach ihrer Niederlage habe sie noch nie bekommen. Viele namhafte Parteivertreter hätten ihr glaubhaft versichert, bei der Urwahl sei es nicht um den Parteivorsitz gegangen. Sie habe einen regelrechten „Candystorm“ erlebt, also eine große Unterstützung aus der Partei.

Die Wahl des neuen Parteivorstands ist bereits für diesen Samstag auf dem Parteitag in Hannover angesetzt. „Ich bin sehr sicher, dass sie ein tolles Ergebnis bekommt“, sagte der Co-Vorsitzende Cem Özdemir, der auch im Amt bestätigt werden will. Mit Roths Entscheidung vermeiden die Grünen Personalstreit zu Beginn des Wahlkampfs. Die Grünen hätten es schwer, eine andere Kandidatin für den Parteivorsitz aufzubieten.

Trittin zeigte sich erfreut über Roths Entscheidung. Die Grünen hätten nun ein Spitzenpersonal mit klarer Arbeitsaufteilung. Das Spitzenduo führe die Partei in den Wahlkampf und die Regierung. „Der Bundesvorstand hält die Partei zusammen.“ Und die Fraktion sei der inhaltliche „Thinktank“ (Denkfabrik). Göring-Eckardt sagte: „Wir brauchen Claudia Roth in der Partei, in diesem Wahlkampf.“

Roth wurde schon 2001 an die Parteispitze gewählt. Den Vorsitz verlor sie wegen der damals geltenden Unvereinbarkeit von Amt und Mandat Ende 2002. Zwei Jahre später rückte sie wieder an die Spitze.

Als Reaktion auf anhaltende Schwarz-Grün-Debatten bekräftigten Trittin und Göring-Eckardt ihre Ablehnung einer Koalition mit der Union 2013. Auf die Frage, ob mit ihrem Erfolg die Chancen für Schwarz-Grün gestiegen seien, sagte die Thüringerin: „Nein, sind sie nicht.“ Die Grünen wollten enttäuschte CDU-Wähler gewinnen, aber nicht mit der CDU regieren. „Mit denen können wir nicht in eine Regierung gehen.“ Einen formalen Ausschluss von Schwarz-Grün strebt die Ökopartei nicht an. Göring-Eckardt wird eine weitere Öffnung der Grünen zur Mitte zugetraut. Özdemir sprach von einer „Verbreiterung“.

SPD-Chef Sigmar Gabriel rief die Grünen zu einer klaren Aussage auf. „Wählerinnen und Wähler wollen Klarheit und kein doppeltes Spiel“, sagte er der „Süddeutschen Zeitung“ (Montag). „Bei der SPD ist das klar: Wir wollen 2013 eine Regierungsbildung von SPD und Grünen und keine Koalition mit der CDU/CSU. Jetzt sind die Grünen am Zug.“ Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann begrüßte im Kurznachrichtendienst Twitter, dass Roth wieder antritt. Sie ist eine strikte Rot-Grün-Verfechterin.

Die Unionsführung will nichts von neuen Koalitionsüberlegungen wissen. CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt sagte: „Das ist eine Solokandidatur von Jürgen Trittin mit angehängtem Realo-Feigenblatt.“ CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe sagte der „Frankfurter Rundschau“ (Dienstag): „Rot-Grün kämpft untergehakt für ein linkes Steuererhöhungsprogramm.“ Schwarz-Grün verbiete sich von selbst. Der Chef der Arbeitnehmergruppe der Unionsfraktion, Peter Weiß, sagte der „Rheinischen Post“ dagegen: „Bei unklaren Mehrheitsverhältnissen nach der Wahl 2013 wäre Katrin Göring-Eckardt sicher jemand, der sich Schwarz-Grün nicht verweigern würde.“

Unions-Fraktionschef Volker Kauder (CDU) legte Göring-Eckardt in der „Welt“ einen Rückzug als Bundestagsvizepräsidentin nahe.