In Washington läuft für den früheren Bundesverteidigungsminister 90 Minuten lang alles bestens. Sein Vortrag zur aktuellen Lage der Dinge zwischen den USA und Europa wird mit Beifall quittiert, danach kann er sich kaum retten vor dem Ansturm von Menschen, die ihm alles Gute wünschen.

Washington. Karl-Theodor zu Guttenberg meldet sich wenige Straßenblocks vom Weißen Haus entfernt zurück und mit ihm kommen die Fotografen, die Journalisten und eine Menge interessierter Zuhörer. In Washington läuft für den früheren Bundesverteidigungsminister 90 Minuten lang alles bestens. Sein Vortrag zur aktuellen Lage der Dinge zwischen den USA und Europa wird mit Beifall quittiert, danach kann er sich kaum retten vor dem Ansturm von Menschen, die ihm alles Gute wünschen. Am Tag zuvor hatte der einstige CSU-Star, der wegen einer Doktorarbeit voller Plagiate zurücktreten musste, in Yale, einer der renommierten Universitäten des Landes, noch eine Protestaktion über sich ergehen lassen müssen. Aber jetzt, ganz nah am Zentrum der Weltmacht, ist er herzlich willkommen.

Guttenberg beginnt seine Rede mit dem Hinweis auf widrige Umstände, die ihm diese Rückkehr ins öffentliche Rampenlicht erschwert haben. „No power“ – in seinem Zufluchtsort im schönen Connecticut ist derzeit wegen der Stürme immer wieder die Stromversorgung für einige Tage unterbrochen, sagt der Deutsche. Und deswegen habe er auch auf das Flugzeug verzichten müssen und diesmal die Hauptstadt nur mühsam per Eisenbahn erreicht. Aber „no power“ könnte man in den USA auch als Machtlosigkeit verstehen und so fügt der ehemalige Minister auch gleich hinzu, wie schön das letzte Jahr doch insgesamt für ihn gewesen sei, „wo ich mich jetzt auf Themen konzentrieren konnte, für die ich in den Jahren zuvor keine Zeit hatte.“ Damit verbindet er auch ein wenig Selbstkritik. Er beschäftige sich jetzt mit den tatsächlich wichtigen Themen, „wofür ich im politischen Betrieb keine Zeit hatte“, sagt Guttenberg.

Rundumschlag zu Problemen der Welt

Als Ergebnis seiner neuen Nachdenklichkeit hält der einst als größtes politisches Nachwuchstalent Deutschlands gehandelte Mann einen langen Vortrag in allerbestem Englisch zu den Problemen der Welt und der Notwendigkeit eines wohldurchdachten Vorgehens zu ihrer Lösung. Er lässt dabei nichts aus und wandert jenseits aller Parteipolitik vom Krieg in Afghanistan zum Klimawandel und der Entwicklung der Demographie. Wir stehen vor gewaltigen Herausforderungen, so die erste Botschaft Guttenbergs. Die zweite folgt eng verknüpft und besteht kurz gefasst darin, dass er insbesondere in Europa den wenigsten der politischen Akteure zutraut, diese zu meistern. Guttenberg merkt dazu beispielsweise sarkastisch an, dass diese nach dem Prinzip handelten „sich alle Optionen offenzuhalten, dies aber mit Entschiedenheit zu vertreten“. Namen erwähnt der Ex-Minister dabei in seinem Vortrag nicht.

Erst bei den Antworten auf Nachfragen, längst tief in der zweiten Halbzeit seines Auftritts sagt er dann einmal „Angela Merkel“ und „Kanzlerin“ bei seiner vorsichtigen Prognose zur Bundestagswahl 2013. Die besteht im Wesentlichen darin, dass viel zu viel derzeit noch im Ungewissen liege. Was seine eigene Rolle dabei sein könnte, so hat er gleich zu Anfang Einiges klargestellt, ohne sich für die Zukunft genau festzulegen. Der Auftritt in Washington sei noch nicht der Neuanfang. „Wenn sie erwarten, dass ich mich jetzt wieder in die politische Arena begebe, muss ich sie furchtbar enttäuschen“, meint er. Die Gerüchte über eine sanfte Rückkehr in die deutsche Politik seien Unsinn. Dafür sei er hier in den USA „einfach zu glücklich“.

Unter den zahlreichen deutschen Zuhörern in dem gut gefüllten Saal flüstern sich einige unterdessen zu, der CSU-Mann Guttenberg habe schon längst von CDU-Landesverbänden Angebote erhalten, doch endlich wieder einzusteigen. Und deswegen habe sein eigener Parteichef Horst Seehofer jetzt seinerseits mit einer Rückkehraufforderung reagiert. Wenn der Auftritt in Washington dann tatsächlich zunächst nur ein Testballon gewesen sein sollte, so hat Guttenberg vor dem Hauptstadtpublikum als Politiker voll reüssiert. Die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken, das kann er allemal noch. Und in Washington schafft das ansonsten nur sehr selten ein Politiker aus Deutschland.