Im Ermittlungsverfahren wurde Zschäpe vorgeworfen, die rechtsextreme Terrorgruppe Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) mitgegründet zu haben. Der NSU wird für bundesweit neun Morde an ausländischen Kleinunternehmern, einen Mord an einer Polizistin in Heilbronn, zwei Sprengstoffanschläge und zahlreiche Banküberfälle verantwortlich gemacht.

Karlsruhe/München. Die Bundesanwaltschaft hat am Donnerstag vor dem Oberlandesgericht München Anklage gegen die mutmaßliche Rechtsterroristin Beate Zschäpe und weitere Beschuldigte erhoben. Das teilten das Oberlandesgericht und die Karlsruher Bundesanwaltschaft mit. Nähere Angaben zu den Anklagevorwürfen oder den weiteren Angeklagten wurden zunächst nicht gemacht.

Im Ermittlungsverfahren wurde Zschäpe vorgeworfen, die rechtsextreme Terrorgruppe Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) mitgegründet zu haben. Der NSU wird für bundesweit neun Morde an ausländischen Kleinunternehmern, einen Mord an einer Polizistin in Heilbronn, zwei Sprengstoffanschläge und zahlreiche Banküberfälle verantwortlich gemacht. Vermutet wird, dass Zschäpe nicht nur wegen Bildung einer terroristischen Vereinigung, sondern auch wegen der Beteiligung an den Morden angeklagt wird.

Generalbundesanwalt Harald Range wollte am Donnerstagnachmittag (14.30 Uhr) eine Erklärung zu der Anklageerhebung im NSU-Verfahren abgeben. Laut Oberlandesgericht wird die Anklageschrift den Verteidigern „in den nächsten Tagen zugestellt werden“. Zugleich werde ihnen Gelegenheit gegeben, sich innerhalb einer bestimmten Frist zu erklären.

Anklage nach einem Jahr Ermittlungen

Die Anklageerhebung erfolgte ein Jahr nach Auffliegen der Neonazi-Terrorzelle NSU. Die 37-jährige Zschäpe gilt als einziges überlebendes Mitglied der terroristischen Vereinigung. Sie hatte sich am 8. November 2011 der Polizei in Jena gestellt und sitzt seitdem in Untersuchungshaft.

Am 4. November 2011 hatten sich Zschäpes Komplizen Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt nach einem Banküberfall in Eisenach in einem Wohnmobil das Leben genommen, als sie von der Polizei verfolgt wurden. Zschäpe soll danach die Wohnung des Terrortrios in Zwickau in Brand gesetzt haben. Am 11. November 2011 hatte die Bundesanwaltschaft die Ermittlungen übernommen. Insgesamt war im NSU-Verfahren bislang von 13 Beschuldigten die Rede.

Bericht: Vier weitere Beschuldigte

Der „Tagesspiegel“ (Mittwochausgabe) hatte berichtet, dass neben Zschäpe vier weitere Personen angeklagt würden. Dazu soll auch der mutmaßliche NSU-Unterstützer und frühere NPD-Funktionär Ralf Wohlleben zählen. Auch er sitzt derzeit wie Zschäpe in Untersuchungshaft.

Nach Angaben der Zeitung umfasst die Anklageschrift mehrere hundert Seiten. Beim Oberlandesgericht München wird sich der 6. Strafsenat, der zugleich Staatsschutzsenat ist, mit dem Fall befassen. In Bayern liegt ein räumlicher Schwerpunkt der NSU-Taten: Fünf der zehn Morde wurden im Freistaat begangen – drei in Nürnberg und zwei in München. Parlamentarische Untersuchungsausschüsse im Bundestag, in Thüringen, Sachsen und Bayern befassen sich mit den offenkundigen jahrelangen Ermittlungspannen in diesem Fall.

Friedrich: „Die Aufklärung geht voran“

Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) hat die Anklage gegen die mutmaßliche Rechtsterroristin Beate Zschäpe als Zeichen für die fortschreitende Aufklärung der Neonazi-Mordserie gewertet. „Die Anklage ist erhoben, und ich glaube, man kann daran sehen, die Aufklärung geht voran“, sagte er am Donnerstag im Bundestag.

An den bisherigen Ermittlungen seien bis zu 400 Beamte beteiligt gewesen, die Verfahrensakten umfassten inzwischen 200 000 Seiten. Die Anklage erfolge aber in einem schwierigen Umfeld, sagte Friedrich. Zwei der Hauptverdächtigen seien tot, Zschäpe habe offenkundig noch nicht ausgesagt, und durch die Brandstiftung in der Wohnung der Terrorzelle sei wichtiges Beweismaterial verloren gegangen.