Der EU-Gipfel strebt eine Klärung der rechtlichen Fragen bis Ende 2012 an. „Die Bankenaufsicht wird nicht am 1. Januar starten”. Merkel und Hollande treffen sich vor Gipfel.

Brüssel/Berlin. Die geplante neue europäische Bankenaufsicht soll ihre Arbeit im Laufe des Jahres 2013 aufnehmen. Das geht nach Informationen von Reuters aus EU-Kreisen aus dem Entwurf der Abschlusserklärung des Gipfels hervor, auf den sich die 27 Regierungen am Donnerstag in Brüssel geeinigt haben. In dem Entwurf heiße es, dass bis Ende des Jahres alle rechtlichen Fragen gelöst werden sollten. Mit dieser Aufgabe sollen die Finanzminister beauftragt werden. Damit scheint ein Kompromiss zwischen der deutschen und der französischen Position erreicht worden zu sein.

„Eines ist klar: Die Bankenaufsicht wird ihre Arbeit nicht am 1. Januar 2013 aufnehmen können“, hatte es zuvor in EU-Kreisen geheißen. Es werde auch keine Übergangslösung geben, damit der von einigen Ländern gewünschte direkte Zugang von Banken zum Euro-Rettungsschirm ESM frühzeitig möglich werde. Beim Abendessen berieten die 27 EU-Regierungen zudem, wie die Zusammenarbeit in der Wirtschafts- und Währungsunion vertieft werden könne.

Im Vorfeld des Gipfels waren Differenzen zwischen Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident Francois Hollande deutlich geworden. Während Deutschland vor allem auf mehr Verbindlichkeit für die wirtschafts- und finanzpolitischen Reformen dringt, verlangte die Regierung in Paris eine rasche Entscheidung über die Bankenunion. Dies sei das eigentliche Thema dieses Gipfels, hatte Hollande vor dem EU-Gipfel betont. Merkel und Hollande trafen sich am Donnerstag vor den Gesprächen mit ihren 25 Kollegen zunächst bilateral. Hollande betonte die gemeinsame Verantwortung der beiden größten Volkswirtschaften Europas, „die Euro-Zone aus der Krise herauszuführen, die wir nun seit zweieinhalb Jahren erleben“.

In französischen Regierungskreisen hieß es anschließend, eine grundsätzliche Entscheidung über die Bankenunion werde wahrscheinlich bereits am Donnerstag getroffen, über Details müsste noch im restlichen Jahresverlauf gesprochen werden. Merkel und Hollande seien sich einig, dass ein enger und klarer Zeitrahmen bei der Bankenunion nötig sei. Von deutscher Seite hieß es, ein grundsätzlicher „Beschluss“ sei gar nicht mehr nötig, es gehe jetzt darum, wie man weiter vorangehe. Es sei angesichts der komplexen Probleme für alle deutlich geworden, dass die Errichtung einer neuen Aufsicht schon allein wegen der nötigen Einstellung von Mitarbeitern Zeit brauche. Ungeklärt seien zudem Fragen wie die Änderung des EZB-Statuts, Klagemöglichkeiten und die demokratische Kontrolle der neuen Aufsicht. Noch keine Antwort gebe es zudem auf die Fragen, wie Nicht-Euro-Staaten einbezogen werden könnten und wie Banken behandelt würden, die Geschäfte innerhalb- und außerhalb der Euro-Zone abwickeln.

Unterschiedliche Vorstellungen zwischen Paris und Berlin gibt es auch bei der verstärkten Zusammenarbeit in der Wirtschafts- und Währungsunion. Die Kanzlerin will einen starken EU-Währungskommissar mit Eingriffsrechten in nationale Haushalte, falls sich Länder nicht an ihre Stabilitätsvorgaben halten. Mitgliedstaaten sollten aber auch verbindliche Reformvereinbarungen mit der europäischen Ebene schließen. Als neues Element der Solidarität schlug Merkel zudem einen Fonds vor, aus dem zeitlich befristet, projektbezogen Fördergeld für Reformen in EU-Staaten ausgezahlt werden könne. Dieser Topf solle allen Regierungen offenstehen, die verbindliche Reform-Vereinbarungen mit der EU-Kommission schlössen. Der Fonds könnte demnach aus Einnahmen der geplanten Finanztransaktionssteuer gespeist werden.

Merkel hatte am Morgen in ihrer Regierungserklärung betont, sie erwarte, dass der EU-Gipfel im Dezember alle Politikfelder nenne, in denen die Zusammenarbeit vorangetrieben werden könne. Die EU müsse dann auch einen klaren Zeitplan für die Umsetzung beschließen. Frankreichs Präsident hob hervor, eine Stärkung des Währungskommissars stehe in Brüssel nicht zur Debatte. „Das Thema dieses Gipfels ist nicht die Fiskalunion, sondern die Bankenunion.“

EU-Währungskommissar Olli Rehn unterstützte den Vorschlag Deutschlands, der Exekutive der Gemeinschaft mehr Eingriffe in die nationalen Haushalte zu erlauben. Die Idee passe zu den laufenden Reformen und werde ein Schlüsselelement der Beratungen über eine Stärkung der Wirtschafts- und Währungsunion sein, sagte er. Auf dem Tisch liegt ein Zwischenbericht der vier Präsidenten des Rats der Mitgliedstaaten, der Kommission, der Euro-Gruppe und der Europäischen Zentralbank über Reformen, die die Währungsgemeinschaft langfristig wetterfest machen sollen. Bankenunion und Bankenaufsicht sind eine Säule. Gleichzeitig soll die Wirtschaftspolitik stärker vereinheitlicht werden, um die Unterschiede in der Wettbewerbsfähigkeit von Partnern wie Deutschland und Griechenland zu verkleinern.