Merkel distanziert sich mit deutlichen Worten von der CSU, die ein Ausscheiden Griechenlands aus dem Euro als unausweichlich bezeichnet hatte.

Berlin. In der Koalition verschärft sich der Streit über die Zukunft Griechenlands im Euro. Bundeskanzlerin Angela Merkel distanzierte sich am Sonntag mit deutlichen Worten von der Schwesterpartei CSU, die ein Ausscheiden Griechenlands aus dem Euro als unausweichlich bezeichnet hatte. Europa sei derzeit in einer „entscheidenden Phase“, sagte Merkel in der ARD. „Deshalb glaube ich schon, wir sollten alle unsere Worte wägen. Wir haben füreinander in Europa Verantwortung“, mahnte sie. Zuvor war sie mit dem Versuch gescheitert, die Austritts-Debatte in der schwarz-gelben Koalition einzudämmen. So hatte etwa CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt einen Austritt Griechenlands als unausweichlich bezeichnet. Er sehe das Land sogar schon im nächsten Jahr außerhalb des Euros, sagte er der „Bild am Sonntag“.

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Vor Merkel hatte schon Außenminister Guido Westerwelle (FDP) gefordert, das „Mobbing gegen einzelne Euro-Länder“ müsse beendet werden. Der nordrhein-westfälische CDU-Chef Armin Laschet wiederum warf im Reuters-Interview FDP und CSU Verantwortungslosigkeit vor – und betont zugleich, dass der internationale Troika-Bericht nicht das einzige Kriterium bei der Entscheidungen der Regierungen über weitere Finanzhilfen sein dürfe.

Die Kanzlerin, die am Freitag den griechischen Regierungschef Antonis Samaras getroffen hatte und ihm ernsthaften Reformwillen bescheinigte, mahnte, auch Deutschland müsse verlässlich sein. Die Griechen hätten einen Anspruch darauf, dass der Troika-Bericht von IWF, EZB und EU-Kommission vor einem Urteil abgewartet werde. Auch sie fordere aber Reformen von Athen, betonte die Kanzlerin. „Ich habe dem griechischen Ministerpräsidenten – wie andere – gesagt, dass noch vieles zu tun ist.“

Merkel hatte schon nach dem Treffen mit Samaras versucht, die Debatte zu beenden und offen bekannt, dass es Ziel sowohl Deutschlands als auch Frankreichs sei, Griechenland in der Euro-Zone zu halten. Samaras hatte – offenbar auf die CSU und auf Äußerungen von Wirtschaftsminister und FDP-Chef Philipp Rösler gemünzt – darauf verwiesen, dass die Reform- und Privatisierungsanstrengungen seiner Regierung durch eine Debatte über ein Ausscheiden aus dem Euro deutlich erschwert würden.

Rösler wiederholte seine umstrittenen Äußerungen zu Griechenland nicht, betonte am Sonntag im ZDF aber, es könne keinerlei weitere Zugeständnisse geben. Griechenlands Verbleib in der Eurozone wäre zwar wünschenswert. Ein Zeitaufschub sei aber nicht machbar, weil dies auch immer Geld bedeute.

Der künftige CDU-Parteivize Laschet relativierte als erster Koalitionspolitiker offen die Bedeutung des Troika-Berichts. Dieser liefere zwar die ökonomische Bewertung, dürfe aber nicht die alleinige Entscheidungsgrundlage für Griechenland-Hilfen sein. „Wichtig ist aber auch eine Gesamtbewertung unter politischen Gesichtspunkten, es geht schließlich um die Stabilität Europas.“

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Für die SPD kritisierte deren Parlamentarischer Geschäftsführer Thomas Oppermann die Koalition als Chaostruppe. „Angela Merkel hat es immer noch nicht geschafft, in der Koalition für Ordnung zu sorgen“, erklärte er. Die CSU falle ihr schon Stunden nach ihrem Bekenntnis zu Griechenland-Hilfen in den Rücken.

Auch Bundesbank-Präsident Jens Weidmann plädierte im „Spiegel“ dafür, den Bericht der Troika abzuwarten. Über den Verbleib Griechenlands im Euro-Raum entschieden die „hilfegebenden Mitgliedstaaten“ und Griechenland selbst. „Dabei muss aber sicherlich auch eine Rolle spielen, dass kein weiterer Vertrauensschaden am Rahmenwerk der Währungsunion entsteht und die wirtschaftspolitischen Auflagen der Hilfsprogramme ihre Glaubwürdigkeit behalten“, sage Weidmann.

Streit gibt es zwischen CSU und CDU auch um die Rolle der EZB. Die CSU attackierte EZB-Chef Mario Draghi wegen des geplanten Aufkaufprogramms für Staatsanleihen von Krisenländern. Dobrindt warf ihm vor, dafür zu sorgen, dass „Schuldensünder ihren Schlendrian fortsetzen“ können. „Damit missbraucht er die EZB als Schaufelrad, um Geld vom stabilen Norden Europas in den defizitären Süden zu schaffen. Damit mach Draghi die EZB zur Inflationsbank.“ Mit seinen Vorschlägen begebe sich der Italiener „auf den besten Weg, in das Geschichtsbuch als der Falschmünzer Europas einzugehen“, sagte der CSU-Politiker. Auch Bundesbank-Chef Jens Weidmann kritisierte die Anleihenaufkäufe im „Spiegel“ und warnte vor einem „weiteren Vertrauensschaden“.

Merkel vermied dagegen direkte Kritik an der EZB-Führung. „Die EZB ist unabhängig, sie hat aber einen klaren und beschränkten Auftrag, zur Geldwertstabilität beizutragen. Und ich habe nach wie vor Vertrauen, dass sie ... im Rahmen ihres Mandats Beschlüsse fällt“, sagte sie. Zugleich stärkte sie Weidmann den Rücken. „Ich finde es gut, dass Jens Weidmann immer wieder auch die Politik mahnt.“ Die Politik habe die Aufgabe, die Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern und mehr Verbindlichkeit in verschiedenen Politikfeldern zu verabreden. Die Unabhängigkeit der EZB bedeute, „dass ich mich um die Politik kümmere und dass ich Jens Weidmann natürlich als unserem Bundesbänker den Rücken stärke, damit er möglichst viel Einfluss auch innerhalb der Europäischen Zentralbank hat.“

Mit Material von Reuters