Julian Assanges Rede war mit Spannung erwartet worden, Kameras aus der ganzen Welt waren auf ihn gerichtet. Doch der Wikileaks-Gründer schwieg auf dem Botschaftsbalkon über seine Zukunft. Ein Anwalt deutete an, der juristische Kampf könnte weitergehen.

London. In seiner mit Spannung erwarteten Rede zu seinen Anhängern hat Wikileaks-Gründer Julian Assange wider Erwarten keine Klarheit in den Streit über seine Zukunft gebracht. Vom Balkon der ecuadorianischen Botschaft in London aus bedankte sich der 41-jährige Australier am Sonntag für die Unterstützung aus Ecuador und weiteren südamerikanischen Ländern. Sie hätten trotz „Drohungen“ zu ihm gestanden. Auch forderte er die USA auf, die „Hexenjagd“ auf die Enthüllungsplattform Wikileaks und Informanten zu beenden. Wie es mit ihm weitergeht, ließ er offen.

Assange trat auf dem Balkon der Botschaft auf und bewegte sich damit auf diplomatisch unverletzlichem Gebiet: Laut der Wiener Konvention ist die Hoheitsgewalt der Behörden des Gastgeberlandes dort außer Kraft gesetzt. Andernfalls hätte Assange eine Festnahme durch die britische Polizei riskiert.

Sein Anwalt Baltasar Garzón deutete an, dass sein Mandant weitere juristische Schritte in Betracht zieht: „Assange hat seine Anwälte beauftragt, einen juristischen Schritt zu vollziehen, um die Rechte von Wikileaks, von Julian selber und allen, gegen die derzeit ermittelt wird, zu schützen“, erklärte Garzón. Weitere Details nannte er nicht. Assange sei in „Kampfstimmung“.

Vor der Botschaft standen rund 50 Kamerateams, Dutzende Fotografen und mehrere hundert Unterstützer. Eine Hundertschaft der Polizei sperrte die Straße im Londoner Stadtteil Knightsbridge ab. Die Rede dauerte 10 Minuten. „Während Wikileaks bedroht wird, wird auch die Meinungsfreiheit und die Gesundheit unserer ganzen Gesellschaft bedroht“, sagte Assange. Er forderte, dass der Wikileaks-Informant Bradley Manning in den USA sowie andere aus dem Gefängnis entlassen werden und Entschädigung für ihre Haft bekommen.

Assange soll wegen mutmaßlicher Sexualdelikte nach Schweden ausgeliefert werden, hat aber von Ecuador politisches Asyl bekommen. Er fürchtet, von Schweden an die USA weitergereicht und dort möglicherweise zu lebenslanger Haft verurteilt zu werden. Wikileaks hatte zahlreiche vertrauliche Dokumente etwa aus den Kriegen in Afghanistan und im Irak veröffentlicht und damit unter anderem die US-Regierung an den Pranger gestellt. Assange war vor genau zwei Monaten in die Botschaft Ecuadors geflüchtet, nachdem er die juristischen Möglichkeiten in Großbritannien gegen seine Auslieferung ausgeschöpft hatte.

(dpa)