Wird der frühere Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Friedrich Merz, Nachfolger von Günter Verheugen in Brüssel? Sowohl Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble als auch EU-Parlamentspräsident Hans-Gert Pöttering haben sich für den Finanzexperten stark gemacht und lassen Sympathie erkennen.

Berlin. Die Chancen des früheren Vorsitzenden der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Friedrich Merz, in Brüssel als EU-Kommissar Nachfolger von Günter Verheugen zu werden, steigen. Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) hält den früheren Merz für einen geeigneten EU-Kommissar. „Er wäre ohne Zweifel eine hervorragende Lösung, zumal er seine parlamentarische Laufbahn in Brüssel begonnen hat und Europa deshalb bestens kennt“, sagte Schäuble der „Welt am Sonntag“. Allerdings stelle sich die Frage einer Nachfolge von SPD-Industriekommissar Günter Verheugen erst nach der Bundestagswahl.

Die Sozialdemokraten wollen das Amt selbst mit ihrem Spitzenkandidaten bei der Europawahl, Martin Schulz, besetzen. Eine Kandidatur von Merz lehnte SPD-Generalsekretär Hubertus Heil Sonnabend erneut ab - die SPD fordert bereits nach der Europawahl am 7. Juni eine Entscheidung, wen Deutschland als Kommissar nach Brüssel schickt. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) pocht darauf, dass die Union nach 15 Jahren wieder einen Anspruch auf einen Kommissar habe.

Auch EU-Parlamentspräsident Hans-Gert Pöttering (CDU) zeigte Sympathie für eine Nominierung des CDU-Finanzexperten Friedrich Merz als nächsten deutschen EU-Kommissar. "Friedrich Merz ist eine hervorragende Persönlichkeit", sagte Pöttering dem Hamburger Abendblatt (Dienstag). "Ich habe große Achtung vor Friedrich Merz." Die Entscheidung liege allerdings bei der Bundesregierung, und sie werde nach der Bundestagswahl fallen. Die Kritik der Grünen, die Merz als uneinsichtigen Neoliberalen gebrandmarkt hatten, wies Pöttering zurück: Die Grünen haben nicht nur in dieser Frage unrecht."

In den vergangenen Tagen hatten sich immer mehr Unionspolitiker direkt oder indirekt für Merz als EU-Kommissar aus. Am Freitag hatte der baden-württembergische Ministerpräsident Günther Oettinger (CDU) betont, Merz sei „ein ganz starker Kopf“. Der Wirtschafts- und Finanzpolitiker hatte 2002 einen Machtkampf mit der CDU-Vorsitzenden Merkel verloren, die ihn aus dem Amt des Fraktionschefs verdrängt und selbst den Posten übernommen hatte. Merz hatte 2004 dann auch seine Ämter als Fraktionsvize und CDU-Präsidiumsmitglied niedergelegt und sich auf seine Tätigkeit als Rechtsanwalt konzentriert. Bei der Bundestagswahl im Herbst bewirbt sich der 53- Jährige auch nicht mehr um ein Mandat.

Schäuble plädierte in der "Welt am Sonntag" zudem für die Direktwahl eines europäischen Präsidenten nach US-Vorbild. Allerdings würde es beim ersten Mal „furchtbar schwer werden, überhaupt Kandidaten zu finden, die von Portugal bis Finnland Akzeptanz finden“. Hintergrund des Vorschlags ist die abzusehende niedrige Wahlbeteiligung bei der Europawahl. Ein gewählter Präsident könnte künftig mehr Identifikation der Bürger mit der EU schaffen, sagte Schäuble. Er sprach sich auch für eine gemeinsame europäische Armee aus.