In syrischen Sicherheitskreisen wurde ein Leibwächter für den Angriff verantwortlich gemacht. Gleich zwei Gruppen bekannten sich zu dem Anschlag: Die islamistische Rebellen-Organisation Liwa al-Islam erklärte, man habe das Krisenkontrollzentrum angegriffen. Es habe sich jedoch nicht um einen Selbstmordanschlag gehandelt. Die Freie Syrische Armee, in der Rebellen lose zusammengeschlossen sind, bekannte sich über einen Sprecher ebenfalls zu dem Angriff.

Beirut/Amman. Bei einem Bombenanschlag auf die syrische Führung sind am Mittwoch drei der wichtigsten Stützen von Präsident Baschar al-Assad getötet worden. Amtlichen Medien zufolge starben Verteidigungsminister Dawud Radschha, Assads Schwager Assef Schaukat und der hochrangige General Hassan Turkmani bei dem Selbstmordanschlag während eines Treffens in Damaskus. Der Innenminister und der Geheimdienstschef seien verletzt worden. Nach dem Anschlag kam es nach übereinstimmenden Berichten von Regierung und Aufständischen zu schweren Gefechten in Damaskus. Der UN-Sicherheitsrat verschob eine geplante Abstimmung über eine Syrien-Resolution.

In syrischen Sicherheitskreisen wurde ein Leibwächter für den Angriff verantwortlich gemacht. Gleich zwei Gruppen bekannten sich zu dem Anschlag: Die islamistische Rebellen-Organisation Liwa al-Islam erklärte, man habe das Krisenkontrollzentrum angegriffen. Es habe sich jedoch nicht um einen Selbstmordanschlag gehandelt. Die Freie Syrische Armee, in der Rebellen lose zusammengeschlossen sind, bekannte sich über einen Sprecher ebenfalls zu dem Angriff. „Das ist der Vulkan, von dem wir gesprochen haben. Wir haben gerade erst begonnen.“

Assad selbst habe an dem Treffen nicht teilgenommen, hieß es in Sicherheitskreisen weiter. Bis zum Abend lagen weder eine Erklärung noch Aufnahmen des Präsidenten vor. Das US-Präsidialamt teilte mit, der Aufenthaltsort Assads sei unbekannt.

Im syrischen Fernsehen wurde kurz nach dem Angriff Stabschef General Fahad Dschassim Al-Freidsch zum neuen Verteidigungsminister ernannt. Informationsminister Omran Soabi warf westlichen und sunnitischen Regierungen vor, hinter dem Angriff zu stecken: „Sie sind für jeden Tropfen Blut verantwortlich. Und sie werden zur Rechenschaft gezogen.“ Das Militär kündigte Vergeltung an. Der Chef der Oppositionsgruppe Syrischer Nationalrat, Abdelbasset Seida, sagte der Nachrichtenagentur Reuters in Doha, der Kampf sei in die letzte Phase eintreten. „Heute ist ein Wendepunkt in der Geschichte Syriens“, sagte er. Die Regierung werde bald fallen. Es sei eine Sache von „Wochen oder Monaten“.

Experten nannten den Angriff einen schweren Schlag gegen Assad, der jedoch nicht notwendigerweise der Opposition helfen werde. Das Regime dürfte nun „viel gewalttätiger, rücksichtsloser und brutaler werden“, sagte Patrick Seale, Autor einer Biografie über Assads Vater Hafes. Eine Verhandlungslösung sei noch unwahrscheinlicher geworden. US-Verteidigungsminister Leon Panetta sagte, die Lage gerate nun sehr schnell außer Kontrolle. Der Minister rief die internationale Gemeinschaft auf, maximalen Druck auf Assad auszuüben, um einen Rücktritt zu erzwingen.

Der Anschlag schien zu einem koordinierten Angriff in der Hauptstadt zu gehören, den die Aufständischen „Befreiung von Damaskus“ genannt haben. Seit vier Tagen wird dort gekämpft, seit Mittwoch auch in Sichtweite des Präsidentenpalastes. Dabei wurden nach Angaben von Aufständischen auch eine Kaserne und ein Militärstützpunkt angegriffen. Anwohnern zufolge feuerte Hubschrauber der Streitkräfte mit Maschinengewehren und Raketen auf Wohnviertel. Seit Einbruch der Nacht setze die Armee auch Artillerie ein und nehme die Hauptstadt von den umliegenden Bergen aus unter Beschuss, berichteten Oppositionelle. Einem Rebellen-Kommandeur zufolge kamen mindestens 45 Zivilisten am Mittwoch in Damaskus ums Leben. Im staatlichen Fernsehen wurde dabei erstmals überhaupt von Gefechten in der Hauptstadt berichtet. Die Angaben aus Syrien können kaum überprüft werden, weil die Regierung unabhängigen Journalisten den Zugang verwehrt.

Eine Abstimmung im UN-Sicherheitsrat über eine Resolution, die Sanktionen gegen die syrische Regierung ermöglichen würde, sollte nach russischen Angaben am Donnerstag stattfinden. Der internationale Gesandte Kofi Annan hatte um die Verschiebung gebeten. Zuvor hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel den Rat aufgefordert, die neuen Maßnahmen zu beschließen. Dagegen bekräftigte Russlands Außenminister Sergej Lawrow den Widerstand seines Landes gegen Strafen. Nur die Opposition zu unterstützen, führe in eine Sackgasse, sagte er in Moskau. Die Vetomächte Russland und China haben bislang alle weitergehenden UN-Maßnahmen gegen Syrien blockiert.

Die Familie Assad und die alawitische Minderheit herrschen in Syrien seit einem Staatsstreich 1963. Bei dem seit etwa 16 Monaten anhaltenden Aufstand sind der Opposition zufolge etwa 17.000 Menschen ums Leben gekommen.

(Reuters)