Für die Verhandlungen habe Assad einen möglichen Unterhändler aus den Reihen der Regierung in Damaskus vorgeschlagen. „Es hat einen Namen genannt. Ich habe signalisiert, dass ich ein bisschen mehr über diese Person wissen möchte“, sagte der UN-Sondergesandte Kofi Annan. Bei den Vereinten Nationen kursierten derweil mehrere Resolutionsentwürfe zur Lage in Syrien.

Genf/Istanbul. Nach Monaten der blutigen Unterdrückung der Opposition erwägt der syrische Präsident Baschar Assad nun offenbar doch Gespräche mit seinen Gegnern über die Bildung einer Übergangsregierung. Er habe mit dem Staatschef über einen solchen Schritt gesprochen und Assad habe einen möglichen Unterhändler genannt, sagte der internationale Sondergesandte Kofi Annan am Mittwoch. Bei den Vereinten Nationen kursierten derweil mehrere Resolutionsentwürfe zur Lage in Syrien. Unterdessen kündigte der syrische Botschafter im Irak als bislang ranghöchster Diplomat des Landes Präsident Assad die Gefolgschaft.

Annan sagte am Mittwoch nach einer Videokonferenz mit dem Weltsicherheitsrat, er habe mit Assad darüber gesprochen „wie eine politische Transition ausgehandelt und umgesetzt werden könnte.“ Seiner Ansicht nach sei ein Übergangsprozess innerhalb von sechs bis zwölf Monaten möglich. „Präsident Assad hat zu verstehen gegeben, dass das möglich wäre, sollten die Bedingungen stimmen“, sagte Annan.

Für die Verhandlungen habe Assad einen möglichen Unterhändler aus den Reihen der Regierung in Damaskus vorgeschlagen. „Es hat einen Namen genannt. Ich habe signalisiert, dass ich ein bisschen mehr über diese Person wissen möchte. Das ist der Stand der Dinge“, sagte Annan.

In seiner Unterredung mit dem UN-Sicherheitsrat habe Annan das Gremium aufgefordert, der syrischen Regierung und der Opposition mit Konsequenzen zu drohen, sollten sich beide Seiten einem sofortigen Waffenstillstand verweigern, sagte der britische Botschafter bei den Vereinten Nationen, Mark Lyall Grant. Der russische Gesandte bei den UN, Alexander Pankin, hingegen erklärte: „Kofi Annan hat uns nicht dazu aufgefordert, Sanktionen zu verhängen. Er hat nur gesagt, der Sicherheitsrat sollte mit einer Stimme sprechen und ein Signal senden, dass die Vorschläge umgesetzt werden müssen.“

Russland brachte einen Resolutionsentwurf zu Syrien in Umlauf, der eine Verlängerung der UN-Beobachtermission um drei Monate vorsieht und für eine politische Lösung des Konflikts plädiert. Annans Friedensplan solle „sofort und vollständig umgesetzt werden“, hieß es in dem Text. Der französische Botschafter bei den Vereinten Nationen, Gerard Araud, nannte den russischen Entwurf „zahnlos“. Deshalb sei die Androhung von Sanktionen nach Kapitel VII der UN-Charta notwendig. Nach diesem Abschnitt ist auch militärische Gewalt möglich.

Westen will in neuer Resolution mit Sanktionen drohen

Am Mittwoch kursierte auch ein von den westlichen Staaten unterstützter Resolutionsentwurf aus Großbritannien. Die syrischen Behörden müssten „sichtbar und verifizierbar“ ihre Versprechen erfüllen und Truppen sowie schwere Waffen aus Wohngebieten abziehen, hieß es darin. Sollte die Regierung der Forderung nicht binnen zehn Tagen nachkommen, solle der Sicherheitsrat nichtmilitärische Sanktionen verhängen.

Unterdessen ging erneut ein hochrangiges Regimemitglied von der Fahne – der syrische Botschafter im Irak. In einer vom arabischen Fernsehsender Al Dschasira ausgestrahlten Stellungnahme erklärte Nawaf Fares am Mittwoch, er sei zurückgetreten und unterstütze fortan die Opposition.

„Ich gebe bekannt, dass ich von nun an auf der Seite der Revolution in Syrien stehe“, sagte Fares. Er forderte alle Syrer auf, sich gegen Assad zu stellen. „Wo liegt die Ehre darin, unsere Landsleute zu töten? Wo ist die nationale Treuepflicht? Die Nation sind alle Menschen, nicht eine bestimmte Person“, sagte er. „Die Loyalität muss dem Volk gelten, nicht einem Diktator, der seine Leute tötet.“

Unklar war zunächst, wo und wann die Erklärung aufgezeichnet worden war. Chaled Chodscha, ein Mitglied des Syrischen Nationalrats, sagte am Mittwoch unter Berufung auf Informanten im Irak, Fares sei auf dem Weg in die Türkei. In der vergangenen Woche hatte Frankreich mitgeteilt, dass der syrische Brigadegeneral Manaf Tlass desertiert sei. Es war der bislang ranghöchste Vertreter, der dem syrischen Regime den Rücken kehrte. Zuvor waren bereits Tausende rangniedere Soldaten desertiert und hatten sich den Rebellen angeschlossen.

(dapd)