Der Militärrat reagierte umgehend auf Mursis Handlung und kam noch am Sonntagabend zu einer Dringlichkeitssitzung zusammen. Dabei wollten die Generäle laut MENA die Konsequenzen von Mursis Entscheidung erörtern. Hunderte Anhänger feierten indes in der Nacht zum Montag auf dem Kairoer Tahrir-Platz die Entscheidung ihres im Juni gewählten Staatschefs.

Kairo. Nach der Entscheidung des ägyptischen Präsidenten Mohammed Mursi, das aufgelöste Parlament wieder einzuberufen, droht sich das Verhältnis zu den einflussreichen Generälen des Landes weiter zu verschlechtern. Der islamistische Parlamentspräsident Saad el Katatni berief für (den morgigen) Dienstag eine Sitzung der Abgeordneten ein, wie die amtliche Nachrichtenagentur MENA am Montag meldete. Unterdessen prüfte das Oberste Verfassungsgericht die Wiedereinberufung des von Islamisten dominierten Parlaments.

Am (morgigen) Dienstag sollte Bundesaußenminister Guido Westerwelle zu Gesprächen mit Mursi in Kairo zusammenkommen. Der Besuch des FDP-Politikers, der erste eines westlichen Außenministers nach der ägyptischen Präsidentschaftswahl, droht von der jüngsten politischen Auseinandersetzung im Land nun überschattet zu werden. Mit dem überraschenden Schritt, das Parlament aufzulösen, hatte sich Mursi am Sonntag dem Militärrat widersetzt, der vergangenen Monat die Entscheidung des Verfassungsgerichts zur Auflösung des Parlaments unterstützt hatte.

Der Militärrat reagierte umgehend auf Mursis Handlung und kam noch am Sonntagabend zu einer Dringlichkeitssitzung zusammen. Dabei wollten die Generäle laut MENA die Konsequenzen von Mursis Entscheidung erörtern. Hunderte Anhänger feierten indes in der Nacht zum Montag auf dem Kairoer Tahrir-Platz die Entscheidung ihres im Juni gewählten Staatschefs.

Mursi ordnete in seinem Erlass laut einem Bericht von MENA auch die Wahl eines neuen Parlaments binnen 60 Tagen nach der Annahme einer neuen Verfassung an. Die Ausarbeitung und Verabschiedung der neuen Verfassung wird nicht vor Jahresende erwartet.

Schritt könnte zu neuen politischen Unruhen führen

Das Verfassungsgericht hatte die Auflösung des Parlaments mit der Begründung veranlasst, ein Drittel der Abgeordneten sei illegal gewählt worden. Die Auflösung des Parlaments verärgerte vor allem die Muslimbruderschaft, deren Mitglieder fast die Hälfte der Sitze eingenommen hatten.

Mit seiner Entscheidung, das Parlament wieder einzuberufen, könnte Mursi eine neue Welle der Instabilität in Ägypten auslösen. Während Mitglieder der Muslimbruderschaft, der Mursi selbst angehört, den Schritt begrüßten, reagierte der ägyptische Friedensnobelpreisträger Mohammed ElBaradei im Kurznachrichtendienst Twitter mit Kritik. Der Erlass des Präsidenten führe das Land „in ein verfassungsmäßiges Koma und einen Konflikt“ zwischen den wichtigsten staatlichen Institutionen, schrieb er.

„Dies ist der Beginn eines Kampfes der sich seit einiger Zeit anbahnte“, sagte Negad Borai, ein bekannter Bürgerrechtler. Diesmal könnten die Generäle den Kürzeren ziehen, da sie es mit einem gewählten Präsidenten zu tun hätten, erklärte er.

Obama lädt Mursi zu Gesprächen in die USA ein

Wenige Stunden vor der Bekanntgabe von Mursis Entscheidung hatte US-Vizeaußenminister William Burns Mursi bei einem Treffen eine Botschaft von US-Präsident Barack Obama übergeben. Darin bekräftigte Obama die „neue Partnerschaft“ mit Ägypten. Wie das ägyptische Staatsfernsehen meldete, lud Obama seinen ägyptischen Amtskollegen für September zu Gesprächen ins Weiße Haus ein.

Der Militärrat übertrug Mursi nach dessen Sieg bei der Stichwahl um das Präsidentenamt am 30. Juni offiziell die Macht, sicherte sich aber zuvor selbst entscheidende Machtbefugnisse.(dapd)