Zur Großdemonstration in der Hauptstadt Moskau werden 30.000 Menschen erwartet. Gibt es die größten Proteste seit Ende der Sowjetunion?

Moskau. Mit landesweiten Protestaktionen haben die Menschen in Russland am Sonnabend ihrem Ärger über mutmaßlichen Betrug bei der Parlamentswahl Luft gemacht. In mehr als 70 Städten waren Demonstrationen geplant, bereits am Morgen zogen mehrere Hundert Menschen in Ortschaften im Osten des Landes auf die Straßen. Zu einer Großdemonstration in der Hauptstadt Moskau werden mehr als 30.000 Teilnehmer erwartet. Organisatoren der Proteste haben die größten Demonstrationen in Russland seit dem Ende der Sowjetunion vor 20 Jahren angekündigt.

In Wladiwostok demonstrierten mehrere Hundert Menschen gegen Ministerpräsident Wladimir Putin und seine Partei Einiges Russland, die bei der Wahl am vergangenen Sonntag ihre Zweidrittelmehrheit verlor, dennoch aber alleine weiterregieren kann. Die Demonstranten riefen „Putin ist eine Laus“, einige von ihnen hielten ein Banner, auf dem das Wappen von Einiges Russland karikiert wurde. Darauf war zu lesen: „Die Ratten müssen gehen.“

Bei der Demonstration in Wladiwostok hielt sich die Polizei zurück, es wurden keine Festnahmen gemeldet. Aus der Stadt Chabarowsk nahe der chinesischen Grenze meldete die russische Nachrichtenagentur Interfax aber rund 25 Festnahmen bei einem Flash-Mob-Protest.

In Moskau genehmigten die Behörden die Kundgebung auf einem Platz in der Nähe des Kremls. 50.000 Polizisten und 2.000 paramilitärische Kräfte mit Wasserwerfern sollten die Demonstration überwachen. Für die Großkundgebung in der Hauptstadt hatten sich bis Freitag bereits Zehntausende auf Facebook angemeldet.

Kritiker werfen Einiges Russland massiven Wahlbetrug bei der Parlamentswahl am vergangen Sonntag vor. In den Tagen nach der Wahl gingen bereits Tausende Menschen auf die Straße. Die Polizei ging mit Gewalt gegen die Demonstranten vor, Hunderte Menschen wurden festgenommen.

Der russische Präsident Dmitri Medwedew kündigte in dieser Woche eine Untersuchung der Betrugsvorwürfe an. Es habe bei der Wahl am Sonntag womöglich Gesetzesverstöße gegeben, sagte er. „Unser Wahlgesetz ist nicht optimal.“ Er könne verstehen, dass einige Menschen von dem Wahlergebnis enttäuscht seien. Aber „das Resultat entspricht vollkommen den Einschätzungen von Analysten und öffentlichen Umfragen“. (dapd)