Bei den Wahlen in Polen ging es um die Zukunft Polens zu Deutschland und Russland. Ministerpräsident Tusk darf weiterregieren.

Warschau. Kaum ist die Wahl gewonnen, geht die Arbeit von vorne los. Donald Tusk will sich nicht auf seinem Erfolg bei den Parlamentswahlen ausruhen. Ganz im Gegenteil.„Diese vier Jahre werden wir doppelt so stark arbeiten und doppelt so schnell handeln müssen“, kündigte er am Sonntagabend vor seinen jubelnden Anhängern an. Wenige Minuten zuvor hatte er inmitten von Mitarbeitern und Anhängern seiner liberalkonservativen Bürgerplattform (PO) die erste Prognose nach den Parlamentswahlen verfolgt. Jubel brannte auf, als diese einen deutlichen Sieg voraussagten. Tusk wurde damit als erster Regierungschef seit 1989 von den Wählern im Amt bestätigt - für den 54-Jährigen ein riesiger Erfolg und Zeichen der Zustimmung seiner Modernisierung des Landes und seines pro-europäischen Kurses.

Die eigentliche Sensation ist aber nicht die Wiederwahl Tusks, sondern das Abschneiden der neuen Protestpartei, der Bewegung des ehemaligen PO-Abgeordneten Janusz Palikot. Die Ruch Palikota wurde, wenn sich die Prognose bestätigt, auf Anhieb drittstärkste Partei im neuen Sejm und kann auf 39 der 460 Mandate hoffen. „Das Leben ist schön!“ jubelte Palikot. Zu seinen Kernthemen im Wahlkampf zählten die Einmischung der Kirche in den Alltag der Polen und die Garantie eines wirtschaftsliberalen Kurses mit möglichst wenig Staat.

Im Umkehrschluss bedeutet der Erfolg der Palikot-Bewegung aber auch: Jeder zehnte Wähler ist mit den etablierten Parteien unzufrieden und hat ihnen den Rücken gekehrt – ein Alarmsignal nicht nur für die PO, sondern auch für die nationalkonservative Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS). Deren Vorsitzender Jaroslaw Kaczynski bleibt nun Oppositionsführer. Die Wahlkampfpolemik gegen „Donald-er-kann-es- nicht-Tusk“ ist gescheitert. Die polnischen Wähler entschieden: Tusk kann es doch.

Kaczynski, der von seinen Anhängern wie ein Sieger umjubelt wurde, zeigte sich jedoch auch in der Niederlage ungebrochen. „Der Tag des Sieges wird kommen“, versprach er seinen Anhängern. „Wir halten an unserer Überzeugung fest, dass Polen tiefgreifende Veränderungen braucht. In den kommenden vier Jahren werden wir weitere Millionen von Polen davon überzeugen.“

Für Kaczynski, dessen Zwillingsbruder – der polnische Staatspräsident Lech Kaczynski – im vergangenen Jahr bei der Flugzeugkatastrophe in Smolensk ums Leben kam, geht es dabei auch um das Vermächtnis der Arbeit mit seinem Bruder.

Palikot zeigte nach dem Sensationserfolg der Protestpartei gleich Lust auf Teilhabe an der Macht. „Es wäre merkwürdig, wenn der Regierungschef nicht berücksichtigte, dass Millionen Polen für das Programm der Ruch Palikota gestimmt haben“, sagte er nach der Wahl selbstbewusst. „Er sollte (bei Koalitionsgesprächen) mit der Bewegung anfangen – aber das ist seine Sache, weil er die Wahl gewonnen hat und die Verantwortung übernehmen muss.“

Tusk selbst hatte vor der Wahl angekündigt, er werde keine Koalition mit einer Partei eingehen, die Drogen propagiere. Die Palikot-Bewegung ist für die Legalisierung weicher Drogen. Dass Tusk nach eigenem Eingeständnis als Student auch mal gelegentlich gehascht hat, ändert an seiner heutigen Haltung zur Drogen-Freigabe nichts.

Erste Gespräche über die künftige Regierungskoalition sollen am Montag beginnen. Klar ist aber bereits, dass es in der neuen Regierung eine Reihe neuer Gesichter geben wird: Für den Fall eines Wahlsiegs hatte Tusk bereits angekündigt, nur fünf der bisherigen Minister würden auch im neuen Kabinett mit arbeiten. Weiter mit dabei werden Außenminister Radoslaw Sikorski und Finanzminister Jacek Rostowski sein.