Bosbach stellte klar, bei seinen Vorwürfen gehe es nicht um Fraktionschef Volker Kauder (CDU) oder Kanzlerin und Parteichefin Angela Merkel.

Berlin. Angesichts anhaltender Klagen des CDU-Abgeordneten Wolfgang Bosbach über starken internen Druck wegen seines Neins zum Euro-Rettungsschirm werden in der Fraktionsführung Rufe nach einer Konkretisierung der Vorwürfe laut. „Bosbach sollte klarstellen und präzisieren, wen er meint“, hieß es am Freitag aus der Führung der Unionsfraktion. Bosbach stellte klar, bei seinen Vorwürfen gehe es nicht um Fraktionschef Volker Kauder (CDU) oder Kanzlerin und Parteichefin Angela Merkel.

In der Spitze der Unionsfraktion hieß es, nachdem andere Rettungsschirm-Kritiker der Fraktionsführung einen freundschaftlichen und fairen Umgang attestiert hätten, glaube man nicht, dass Bosbach über Vorgänge innerhalb der Fraktion spreche. Das Thema habe auch deswegen große Bedeutung, weil es an einen Teil der Kernsubstanz der Demokratie gehe: wie innerhalb einer Fraktion mit abweichenden Meinungen umgegangen werde.

Bosbach sagte dem Sender NDR Info, er habe mit Kauder und Merkel längere Unterredungen gehabt. „Und diese Gespräche sind in jeder Hinsicht fair und korrekt verlaufen. In der Diplomatensprache würde man sagen, wir hatten eine offene Aussprache.“ Schlimmer sei das, „was so hinten rum passiert, was einem dann doch zugetragen wird“.

Einen Zusammenhang zwischen seinem Gesundheitszustand und den Gedankenspielen, auf eine erneute Kandidatur für den Bundestag zu verzichten, wies Bosbach zurück. Zwar kämen die gesundheitlichen Probleme nun hinzu. „Aber vor einem Monat hätte ich noch gesagt, ich kandidiere gerne wieder für den deutschen Bundestag.“

Porträt Wolfgang Bosbach: Der Tausendsassa der CDU


Er gilt als Tausendsassa der Union und als einer der beliebtesten Interviewpartner. Wolfgang Bosbach ist omnipräsent in den Medien. Er lässt kaum ein Thema aus. Selbst bei heftigem politischem Gegenwind stellt er sich scheinbar nimmermüde vor die Mikrofone der Hauptstadtpresse. Doch die Debatte über den Euro-Rettungsschirm hat der CDU-Politiker zugesetzt. Trotz enormen Drucks aus den eigenen Reihen hatte am Donnerstag gegen die Erweiterung des Euro-Rettungsschirms gestimmt.

Bosbach, der auch Vorsitzender im Innenausschuss ist, hatte seine Entscheidung frühzeitig bekannt gegeben und nicht mehr daran gerüttelt. Die Fraktionssitzung am Dienstag, wo probehalber abgestimmt wurde, hatte er gar nicht mehr besucht. Seine persönliche Meinung, die in diesem Fall nicht mit der seiner Fraktionsmehrheit übereinstimmte, hatte ihm wochenlange Querelen mit seinen Kollegen beschert, die tiefe Spuren bei ihm hinterließen. So tiefe Spuren, dass der Rheinländer jetzt sogar über seinen Rückzug aus Berlin sinniert.

Nach der Erfahrung der letzten Wochen sei er sich nicht mehr sicher, ob er 2013 wieder für den Bundestag kandidieren werde, sagte Bosbach dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ (Freitagsausgabe). Die Vorwürfe seiner Kollegen seien „tief ins Persönliche“ gegangen. Besonders über den Vorwurf, dass er noch eine Rechnung offen habe, zeigte sich der 59-Jährige enttäuscht: „Das ist Blödsinn.“

Seine Parteikollegen äußerten am Freitag erstaunt über Bosbachs Ankündigung, sich eventuell aus der Politik zurückziehen zu wollen. Es sei wegen seines Abstimmungsverhaltens keinerlei Druck auf den Abgeordneten ausgeübt worden, hieß es aus Fraktionskreisen.

Bevor er in der richtungsweisenden Abstimmung über den Euro-Rettungsschirm von der Parteilinie abwich, genoss Bosbach den Ruf des Loyalisten. Obwohl er oft auch seine eigene Meinung vertrat, insbesondere in der Innenpolitik, mühte er sich immerzu, die Positionen seiner Partei nach außen zu erklären und zu verteidigen.

Seit fast vierzig Jahren ist er Mitglied der Union. Seit 1994 sitzt Bosbach im Bundestag. Neun Jahre lang war er stellvertretender Vorsitzender seiner Bundestagsfraktion. Immer wieder wurde Bosbach mit dem Innenminister-Posten in Verbindung gebracht, zuletzt nach dem Regierungswechsel im Jahr 2009. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) entschied sich aber anders. Den Verdacht, dass er sich mit seinem Nein am Donnerstag an Merkel habe rächen wollen, wies der 59-Jährige weit von sich.

Auch privat musste der Vater dreier Töchter, der mit seiner Familie im Bergischen Land lebt, mit Rückschlägen fertig werden. Durch eine Herzmuskelentzündung trägt er einen Schrittmacher und einen Defibrillator. Vor wenigen Jahren sei noch eine weitere Diagnose hinzugekommen, sagte Bosbach dem Norddeutschen Rundfunk am Freitag. Dennoch fühle er sich subjektiv gut. „Ich habe keinerlei gesundheitliche Beeinträchtigungen.“ Mit seinen Überlegungen zu einem Rückzug aus Berlin habe sein körperlicher Zustand nichts zu tun.

(dpa/dapd/abendblatt.de)